Nicht nur das Fuballjahr 2022, sondern auch die Europareise der FC-Profis ist für die laufende Spielzeit beendet. 24 Pflichtspiele binnen 15 Wochen hat die Mannschaft von Steffen Baumgart in der bisherigen Saison 2022/23 absolviert. Neben 15 Bundesligaspielen standen acht internationale Partien im Spielplan. Unfassbar viele Eindrücke, die es während der Winterpause zu verarbeiten gilt – für den Trainer, aber auch die Neuzugänge Sargis Adamyan, Linton Maina und Steffen Tigges, die eine statistische Besonderheit eint.
Was am Donnerstag, 3. November 2022, endete, hatte bereits ein halbes Jahr zuvor, am 7. Mai 2022 seinen Ursprung: Der FC verlor zwar sein Heimspiel am 33. Spieltag der Bundesliga-Saison 2021/22 mit 0:1 gegen Wolfsburg, aufgrund der Ergebnisse der übrigen Partien stand jedoch fest, dass man die Spielzeit mindestens auf Platz sieben beenden würde. Somit kehrte der 1. FC Köln nach fünf Jahren auf die europäische Bühne zurück.
„Ich grinse innerlich trotzdem“
Steffen Baumgart ordnete die gemischte Gefühlslage bereits nach der Partie gegen Wolfsburg ein: „Dass wir als Sportler nicht in Euphorie verfallen, wenn man 0:1 verliert, ist doch logisch. Die Jungs haben alles reingehauen für eine erfolgreiche Saison. Trotzdem ist es gerade etwas schwer, weil wir heute nicht gewonnen haben. Da bin ich ehrlich, dass ich gerade noch nicht in Feierlaune gerate. Wenn ich auf die Tabelle schaue und an die ganze Saison denke, grinse ich innerlich aber trotzdem.“
Die Chance, am letzten Spieltag noch auf einen Europa-League-Platz zu springen, wurde verpasst. Allerdings wäre auch bei einem FC-Sieg in Stuttgart wegen des Siegs von Union Berlin Platz sieben für den FC dabei herausgesprungen. So stand also fest: In der Saison 2022/23 nimmt der FC an den Play-off-Spielen zur UEFA Europa Conference League teil. Als Play-off-Gegner stand eine Woche vor dem Hinspiel in Köln der ungarische Club Fehervar FC fest. Das FC-Heimspiel gewannen die Gäste aus Ungarn mit 2:1, sodass die Voraussetzungen für das Rückspiel aus Kölner Sicht durchaus besser hätten sein können. Dies hinderte rund 3.000 FC-Fans nicht, den Weg nach Szekesfehervar auf sich zu nehmen, um den FC eine Woche nach der Hinspielniederlage auf dem Weg zum 3:0-Sieg lautstark zu unterstützen. Dank der Tore von Timo Hübers, Ellyes Skhiri und Kingsley Schindler war die Gruppenphase der Conference League erreicht.
Am 26. August 2022 wurden dem FC bei der Auslosung drei Teams in Gruppe D zugelost: OGC Nizza, FK Partizan und der 1. FC Slovacko. „Wir haben lange dafür gearbeitet, es ist die Krönung der vergangenen Saison. Belgrad und Nizza sind natürlich klangvolle Namen. Wir wissen schon, dass schwere Aufgaben auf uns warten“, fasste Steffen Baumgart die Konstellation treffend zusammen. Eine Konstellation, die sechs spannende Partien zur Folge hatte – leider ohne sportliches Happy End für den 1. FC Köln. Zudem führten Fan-Ausschreitungen vor der ersten Partie in Nizza zum UEFA-Urteil, dass zu den Spielen in Belgrad und bei Slovacko offiziell keine Fans den FC begleiten durften.
In Nizza holte der FC zum Auftakt der Gruppenphase einen Punkt (1:1) und gewann das Heimspiel gegen Slovacko (4:2). Die beiden Partien gegen Partizan entschieden die Serben für sich (1:0 und 2:0). Nach einem nebelbedingten Sieg am Freitagmittag in Uherske Hradisde (1:0) bedeutete das 2:2 im Heimspiel gegen Nizza das Aus als Tabellendritter. In jeweils allen sechs Gruppenspielen kamen, neben Torhüter Marvin Schwäbe, drei Feldspieler zum Einsatz: Steffen Tigges, Linton Maina und Sargis Adamyan. Adamyan ist mit seinen 29 Jahren der Routinier unter den Dreien. Trotzdem hatten die zurückliegenden Monate auch für den in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsenen Stürmer mit armenischen Wurzeln viel Neues zu bieten. „Es war für mich ein aufregendes halbes Jahr. Mit Köln europäisch zu spielen, ist schon nochmal ganz was anderes. Es war Wahnsinn zu sehen, wie viele Fans den FC auch in Europa auswärts begleiten. Die Bilder der Fans waren beeindruckend. Da sieht man, was der FC den Menschen bedeutet.“

„Ich wusste, dass der FC eine solche Power hat“
Mit der TSG Hoffenheim hatte Adamyan in der Spielzeit 2020/21 bereits in der Europa League gespielt. Damals fanden die Spiele coronabedingt allesamt ohne Zuschauer statt. Somit bekam er in dieser Saison als FC-Profi umso mehr einen ganz besonderen Eindruck. „Ich wusste, dass der FC eine solche Power seitens der Fans hat – ich habe ja auch schon ein paar Mal als Gegner hier gespielt.“ Diese Power war für Adamyan im Sommer 2022 ein wichtiger Grund, zum 1. FC Köln zu wechseln. Zudem aber auch der Teamgeist und der dafür mitverantwortliche Trainer. „Die Mannschaft hat mich super aufgenommen. Sportlich hätte ich mir natürlich etwas mehr erhofft. Da hänge ich auch meinen Erwartungen hinterher. Mir war bewusst, welchen Fußball der Trainer spielen lässt, aber die Intensität ist schon enorm. Aber das macht wirklich Spaß und wir hauen alles raus.“
Ebenfalls auf internationale Erfahrung konnte der zweite Allesspieler der Gruppenphase und Neuzugang Steffen Tigges bauen. Der hochgewachsene Mittelstürmer kam im Sommer von Borussia Dortmund zum FC und hatte mit den Schwarz-Gelben bereits drei Champions- und zwei Europa-League-Spiele gesammelt. „Auch in Dortmund war Champions League etwas Besonderes. Aber unsere Heimspiele waren mit jeweils einer Choreo schon ein absolutes Highlight.“ Nach sechs Einsätzen in der Conference-League-Gruppenphase ordnet Tigges das knappe Ausscheiden ein: „Am Ende fehlt uns ein Punkt. Slovacko konnte auch sehr gut kicken. Es gibt keine Mannschaft, wo man einfach mal hinfährt und zwei, drei zu null gewinnt. Wir haben eine richtig gute Mannschaft, die in jedem Spiel ans Limit geht. Wir haben uns spielerisch kontinuierlich weiterentwickelt. Leider haben hintenraus die Ergebnisse nicht gestimmt. Das hat natürlich auch mit der Belastung zu tun und damit, dass uns einige Stammspieler, wie Dejo, Jonas oder Mark, verletzt gefehlt haben. Insgesamt ist alles eng, aber ich denke, wir können mit der Saison bisher zufrieden sein.“

„Hut ab vor der Truppe“
Cheftrainer Steffen Baumgart zieht ein positiveres Fazit der bisherigen Spiele. „Was die Jungs zuletzt abgerissen haben, halte ich nicht für normal. Und da muss ich sagen: ‚Hut ab vor der Truppe.‘ Das ist das, was ich erwarte. Ob es dann aufgeht, ist eine andere Geschichte.“ Die Diskussionen im Umfeld zu einer variablen Startelf und teils erzwungenen Umstellungen lassen Baumgart kalt. „Die Leute drumherum gewöhnen sich langsam auch daran, dass es bei uns nicht um die ‚ersten Elf Stars‘ geht. Ich hoffe, dass die Leute draußen auch erkennen, dass die gesamte Mannschaft, solang es geht, alles für den Verein gibt. Das machen die Jungs aus meiner Sicht sehr gut.“ Ob es einen Unterschied macht, ein Liga- oder Europapokalspiel zu bestreiten? „Wir machen ein Spiel nicht abhängig davon, ob es ein nationales oder internationales Spiel ist – wir machen daraus ja nicht ein anderes Spiel. Der Rhythmus ist ein anderer, aber für mich war der Rhythmus ja auch neu.
Der dritte FC-Profi, der in allen sechs Gruppenspielen eingesetzt wurde, ist Neuzugang Linton Maina. Der in Berlin geborene Offensivspieler mit kenianischen Wurzeln wechselte im Sommer von Hannover 96 zum FC. Dabei waren bereits die Monate zuvor für den 23-Jährigen nicht einfach. „Es war ein Auf und Ab. In Hannover hat das Jahr gut begonnen, aber im Februar/März habe ich wenig bis gar nicht gespielt und schon fast mit dem Fußball abgeschlossen. Dann ging es zum Saisonende zum Glück wieder für mich persönlich bergauf – und der Wechsel nach Köln hat mich dann total gepusht. Nach acht Jahren in Hannover ist der FC eine ganz andere Welt.“ Die Art des Trainers hat bei der Entscheidung für Köln für Maina nicht nur eine Rolle gespielt, sondern war rückblickend sogar zwingend notwendig.

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— 1. FC Köln (@fckoeln) November 28, 2022
28.11.2022 Profis Erstellt von Frederic Latz
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