Frauen | 24.03.2022

Sabrina Horvat und Francesca Calò

Stärke bewiesen

Francesca Calò und Sabrina Horvat spielen ihre dritte Saison beim FC. Besonders zu Beginn ihrer Kölner Zeit hatten sie eine persönlich schwere Phase – wobei die größten Herausforderungen neben dem Platz zu bewältigen waren.

Francesca Calò und Sabrina Horvat haben auch in schwierigen Zeiten ihr Lächeln nie verloren. Das ist besonders bemerkenswert, wenn man erfährt, was die beiden FC-Spielerinnen zu bewältigen hatten. Im Jahr 2019, als beide vom SV Werder Bremen zu den FC-Frauen wechselten, schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Calòs Mutter hatte im April eine schreckliche Diagnose von ihren Ärzten erhalten: Brustkrebs. „Wenn man diese Diagnose bekommt, weiß man, was sie bedeuten kann“, sagt Calò. Vor ihrer Mutter blieb sie stark, zu Hause in ihrer Wohnung, die sie mit Horvat teilt, brach sie allerdings manchmal zusammen. „Sabi war eine extrem große Stütze für mich“, sagt Calò. Auch als die nächste Tragödie beide Spielerinnen betraf. Die schweizerische Nationalspielerin Florijana „Flori“ Ismaili war mit „Cesca“ Calò und „Sabi“ Horvat befreundet. „Von Cesca war es sogar die beste Freundin. Wir hatten uns über Flori kennengelernt und hatten eine Clique von fünf bis sechs Mädels“, sagt Horvat. 

Am 29. Juni 2019 fuhr Ismaili mit einer Freundin in einem kleinen Boot auf dem Comer See, als sich ein schrecklicher Unfall ereignete. Ismaili sprang in den See, tauchte nicht mehr auf und wurde erst vier Tage später von einem Tauchroboter in über 200 Meter Tiefe gefunden. Der Comer See verfügt über gefährliche Strudel und scheinbar war Ismaili von einem Strudel erfasst worden. „Flori war mit 24 Jahren ein gesundes, junges Mädchen und auf einmal wurde sie aus ihrem viel zu kurzen Leben gerissen“, sagt Calò. „Ihr Tod und die Krankheit meiner Mama hatten mich in dem Jahr aus der Bahn geworfen.“ Das spürte auch Horvat. „Cesca konnte die Trauer am Anfang nicht verarbeiten, irgendwann kam aber der Einbruch“, erzählt Horvat. „Es war schwer für mich, sie so zu sehen. Ich habe versucht, sie so gut es geht zu unterstützen, war aber in manchen Dingen auch machtlos.“
 

Der Mut, Hilfe zu suchen

Die schlimmen Ereignisse ließen Francesca Calò nicht depressiv werden, aber sie wirkten sich auf ihre Ernährung und ihre körperliche Verfassung aus. „Ich weiß nicht, warum, aber ich hatte plötzlich Schwierigkeiten, zu essen und konnte schlecht mit vielen Leuten zusammen in einem Raum sein“, erzählt Calò. „Ich hatte nach einiger Zeit zehn Kilogramm abgenommen, dann habe ich gemerkt, dass ich es nicht alleine schaffe und habe mir professionelle Hilfe gesucht. Ich habe über die Schweizer Nationalmannschaft einen Sportpsychiater vermittelt bekommen, bei dem ich mich in Behandlung gegeben habe und immer noch bin. Er hat mir mit einer Gesprächstherapie geholfen und heute kann ich sagen, dass es mir wieder super geht.“ Die schrecklichen Ereignisse vergaßen Calò und Horvat nicht, aber sie lernten, damit zu leben. Eine Erinnerung an ihre Freundin tragen Calo und ihre Freundinnen jeden Tag auf der Haut. Sie ließen sich einen Cowboyhut tätowieren. Das war Ismailis Markenzeichen, wenn sie abends mit ihren Freundinnen unterwegs war.

Mit der Trauerverarbeitung verbesserte sich auch die Ernährung und Calò nahm wieder zu. „In dieser Zeit hat mir Sabi sehr geholfen“, sagt Calò. „Sie hatte ein tolles Maß, wann sie mich ein bisschen zum Essen zwingen musste und wann sie gesagt hat, es ist ok, du kannst es später versuchen. Erst waren es nur kleine Häppchen, später ein ganzer Teller. Es ging wieder in die richtige Richtung.“ Horvat kümmerte sich um Calò. „Entscheidend war, dass sie sich irgendwann eingestanden hat, dass sie ein Problem hatte und dann konnte man dagegen angehen. Ich bin sehr stolz auf Cesca, dass sie mittlerweile so offen darüber sprechen kann“, sagt Horvat und Calò ergänzt: „Ich schäme mich nicht mehr dafür, Hilfe in Anspruch zu nehmen.“
 

Glücklich, in Köln zu sein

Dafür gibt es auch keinen Grund. Vielmehr beweisen Calò und Horvat eine enorme Stärke, mit einer vermeintlichen Schwäche offen umzugehen – und beide ließen sich trotz ihrer Trauer den positiven Blick nach vorne nicht nehmen. „Für uns war es 2019 ein perfekter Moment nach Köln zu wechseln. Wir wurden so herzlich aufgenommen und die Stadt und die Menschen strahlten von Anfang an so eine Wärme aus, dass wir uns direkt wohlgefühlt haben“, erzählt Horvat. „Zudem mussten wir uns in einem neuen Club sportlich beweisen, sodass wir dadurch abgelenkt waren.“ Horvat und Calò bestritten in ihrem ersten Jahr 19 beziehungsweise 22 von 22 möglichen Bundesligaspielen für den FC. Zudem ging es Calòs Mutter nach zwei Operationen und einer Krebsbestrahlung nach und nach besser. „Meine Mama ist jetzt seit zweieinhalb Jahren krebsfrei. Natürlich hat man immer ein wenig Angst, dass der Krebs zurückkehren könnte, aber ich bin so erleichtert, dass es ihr wieder gut geht“, sagt Calò. Mittlerweile sind die beiden Defensivspielerinnen in ihrer dritten Saison beim FC und geben die Wärme, die sie bereits bei ihrem Wechsel nach Köln empfunden haben, an andere weiter.

Seit Beginn der aktuellen Saison verstärken die beiden polnischen Nationalmannschaftstalente Adriana Achcinska und Weronika Zawistowska die FC-Frauen. Calò und Horvat waren ab dem ersten Tag für sie da, holten sie in den ersten Wochen mit dem Auto zu Hause ab, um zum Training zu fahren und brachten sie anschließend auch wieder zurück – auch wenn es täglich ein Umweg von 30 Minuten war. „Für beide war es natürlich besonders schwer, weil sie anfangs fast kein Deutsch konnten und Ada zudem sehr ruhig ist“, sagt Horvat. „Die beiden haben uns aber durch ihre dankbare Art viel zurückgegeben und wir sind sehr stolz auf sie, dass sie nach einem dreiviertel Jahr schon so gut die Sprache gelernt haben. Unsere Unterstützung war für uns immer selbstverständlich, weil wir in einem neuen Club auch immer froh waren, wenn sich jemand um uns gekümmert, oder uns auf einen Kaffee eingeladen hat. Außerdem ist es immer für das gesamte Team wichtig, wenn sich Neuzugänge wohl fühlen und man zusammenhält. Dann kann man als Mannschaft seine Ziele besser erreichen und holt vielleicht den ein oder anderen Punkt mehr in der Saison.“

19 Punkte nach 17 Spielen haben die FC-Frauen bislang auf ihrem Punktekonto, haben elf Punkte Vorsprung auf die Abstiegsränge und wurden nach ihren starken Leistungen in einer DFB-Umfrage aller Trainer und Spielführerinnen zur Überraschungsmannschaft der Hinrunde gewählt. „Das ehrt uns“, sagt Horvat. „Aber wir wussten schon zu Beginn der Saison, dass wir einen qualitativ guten Kader haben und wir die Klasse halten können. Für uns selbst ist die Überraschung also gar nicht so groß.“ Fünf Spiele sind es noch, dann ist das Ziel Klassenerhalt hoffentlich geschafft. Die sportlichen Erfolge sind aber bei weitem nicht das einzige, auf das Calò und Horvat im Sommer stolz zurückblicken dürfen. Die großen Gegner besiegten sie abseits des Rasens. Denn wer so schwere Phasen durchsteht und trotzdem noch für andere da ist, hat mehr Stärke bewiesen, als man auf dem Platz jemals zeigen könnte.

Die FC-Frauen empfangen am Sonntag, 27. März 2022, 13 Uhr, Bayer 04 Leverkusen im Franz-Kremer-Stadion. Hier geht es zum Vorbericht und zu den Tickets.
 

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Tabelle

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Gesamttabelle
PL.VereinPkt.
10Borussia Mönchengladbach43
111. FC Köln42
12SV Werder Bremen37
Gesamttabelle
PL.VereinPkt.
1Nice9
2Partizan Belgrade9
31. FC Köln8
4Slovácko5

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