„Er hatte den unbedingten Siegeswillen“
Am Donnerstagvormittag war Karl-Heinz Thielen am Geißbockheim. Der FC-Legende war es drei Tage nach dem Tod Karl-Heinz Schnellingers ein Anliegen, seinem ehemaligen Mitspieler zu gedenken. Am Gedenkstein am Geißbockheim legte er zusammen mit FC-Präsident Dr. Werner Wolf einen Kranz nieder.
Herr Thielen, wie haben Sie vom Tod Karl-Heinz Schnellingers erfahren?
Karl-Heinz Thielen: Seine Frau Uschi hat mich benachrichtigt. Wir haben vier Jahre zusammen gespielt, bis Karl-Heinz nach Italien gegangen ist. Die Abstände, in denen man miteinander Kontakt hatte, wurden über die Zeit leider immer größer, was mir auch ein bisschen leidgetan hat. Aber dennoch haben wir uns, beispielsweise zum Geburtstag, immer wieder angerufen.
Wie behalten Sie ihn in Erinnerung?
Thielen: Kalli war immer ein lustiger Mensch. Auf dem Platz aber war er eisenhart. Ein super Spieler, der den Geist des Gewinnens verinnerlicht hatte. Als ich die Nachricht von seinem Tod erhalten habe, hat es mich traurig gemacht. Seine Frau hat mir erzählt, dass er ohne Schmerzen eingeschlafen ist. Dann fühlt man sich doch ein bisschen besser.
Welche Rolle hatte Karl-Heinz Schnellinger in der damaligen Mannschaft des FC eingenommen?
Thielen: Karl-Heinz war Teil der Mannschaft, die den 1. FC Köln zum ersten Mal groß gemacht hat. Ich hatte das Vergnügen, dass ich als junger Spieler mit den Profis trainieren konnte. Das war für mich Glück. In dieser Mannschaft spielte Jupp Röhrig, Nationalspieler, Hans Schaefer, ein super Spieler, Karl-Heinz Schnellinger, darüber braucht man nicht reden oder auch Helmut Rahn für eine Saison. Dazu ich als junger Dachs. Ich habe viel von ihnen gelernt, hatte aber auch ein schweres Jahr. Ich sage immer, dass ich in dem Jahr alle zwei Monate zum Augenarzt gegangen bin…
Warum das denn?
Thielen: Weil ich im Training immer nur gehört habe: Du Blinder (lacht). Aber ich habe in der Zeit einiges gelernt. Nach einem Jahr war für Helmut Rahn Schluss, dann habe ich seine Position einnehmen können, was ein großes Glück für mich war. Ich bin dann auch Torschützenkönig geworden zusammen mit unserem Mittelstürmer Christian Müller. Auch ein super Spieler. Er hat leider Probleme mit dem Knie, sonst wäre er heute auch mit zur Kranzniederlegung gekommen.
Haben Sie also selbst zu Karl-Heinz Schnellinger aufgeschaut?
Ja. Wir haben damals Mann-gegen-Mann gespielt, das bedeutet, du hattest einen direkten Gegenspieler. Wenn mein Verteidiger nach vorne ging, dann musste ich mit, um ihn zu decken. Das war Karl-Heinz‘ Glück, denn er war ein super Zweikämpfer. Wenn du gegen ihn spielen musstest, musstest du vorher zwei Vater unser beten (lacht). Deshalb hat auch das italienische Spiel, sehr defensiv und mit wenigen Stürmern, sehr gut zu ihm gepasst.
Was hat ihn denn ansonsten ausgezeichnet?
Thielen: Er hatte den unbedingten Siegeswillen, konnte im richtigen Moment aber auch lachen. Gewinnen war das Nonplusultra für ihn. Das Thema hat mich immer begleitet, als Spieler und als Manager. Für die Verpflichtung eines Spielers sind fünf, sechs Faktoren wesentlich. Einer der Punkte ist der Wille zu gewinnen. Den wollte ich immer erkennen. Dazu kommen weitere Aspekte. Dann gibt es Spieler, die immer Angst haben – und die, die immer vorangehen. „Die Botzdendresser, also Hosenscheißer, können doch auch nichts“, hat beispielsweise Hans Schaefer immer gesagt. Wir haben uns gesagt: Wenn der Gegner das Stadtschild von Köln liest, müssen sie anfangen zu zittern. Das war eine Zeit lang auch so. Aber auch in schwierigeren Zeiten wie aktuell bin ich überzeugt: Es gibt immer eine Lösung.
Warum war es Ihnen wichtig, als Gedenken hier am Geißbockheim zusammen mit dem FC einen Kranz niederzulegen?
Thielen: Zlatko Čajkovski war der erste Trainer, mit dem der 1. FC Köln Deutscher Meister geworden ist und ist dann zu Bayern München gegangen. Immer wenn ich mit den Münchnern rede, sind sie voll des Lobes über ihn. Auch ich hatte als junger Spieler eine super Zeit unter ihm. Als er gestorben ist, ist etwas passiert, das nie wieder passieren darf. Vom 1. FC Köln ist kein einziger Offizieller zum Begräbnis nach München gekommen. Das hat mich getroffen. Ich bin hingeflogen und seine Frau hat mich gefragt, ob ich offiziell für den FC da sei. Ich habe gesagt: Ja, ich bin offiziell hier. Ich konnte mir die Blöße nicht geben, dass kein Offizieller des FC gekommen ist. Deshalb war es mir wichtig, dass das nie wieder passiert.