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Timo Schultz: „Sehe das Glas immer halb voll“

28.2.2024

Timo Schultz ist seit Anfang Januar der neue Trainer des 1. FC Köln. Im ersten großen Interview mit dem GeißbockEcho spricht der 46-jährige Fußballlehrer unter ­anderem über talentfreie Bereiche, seinen Start in Köln und seine Ansätze in der Arbeit mit der Mannschaft.

Timo, wie sah es eigentlich als Fußballer mit Deinem Talent aus?


Timo Schultz: Das war auf jeden Fall beschränkt (lacht). Ich konnte schon Fußballspielen und habe das Spiel auch verstanden. Rein technisch war ich nicht auf dem allerhöchsten Niveau. Das sah meistens nicht besonders filigran aus bei mir, war aber ­relativ häufig erfolgreich. Ein Trainer hat ­immer gesagt: Wenn man Spiele gewinnen will, dann ist es besser, wenn Schulle auf dem Platz steht.


Du warst als Spieler hauptsächlich in der Regionalliga unterwegs, hast letztlich aber dennoch vier Bundesligaspiele und ein Pokal-Halbfinale bestritten. Bist Du ein gutes Beispiel dafür, wie man aus dem ­vielleicht nicht allergrößten Talent das Maximum herausholen kann?


Ich denke schon. Und das ist tatsächlich ­einer der Punkte, der mich richtig auf die Palme bringen kann: Wenn Spieler mit deutlich höherem Potenzial und größerem Talent nicht so fokussiert arbeiten, um dann wirklich alles aus sich herauszuholen. Das kann ich bis heute nicht verstehen. Fußballprofi zu sein, ist ein riesengroßes Privileg. Einigen Spielern muss man trotzdem das eine oder andere Mal einen sanften Hinweis geben, was es bedeutet, wirklich bei 100 Prozent zu sein. Talent ist das eine, dieses auch voll abrufen zu können, ist das andere.


Vor drei Jahren hast Du in einem Interview mit „11 Freunde“ von den „talentfreien Bereichen“ gesprochen, in denen Du damals mit dem FC St. Pauli die Nummer eins sein wolltest, um mit anderen Vereinen konkurrieren zu können. Was sind talentfreie Bereiche?

Das fängt ganz einfach damit an, rechtzeitig am Trainingsgelände zu sein und gut vorbereitet zum Training zu kommen. Darüber hinaus gibt es Themen wie Ernährung oder Schlaf, die man beeinflussen kann. Man kann fokussiert im Training arbeiten – und das bedeutet nicht, jeden Tag fünf Stunden zu trainieren. Es geht darum, die Trainingszeit, die man im Gym oder auf dem Platz verbringt, mit Sinn und Verstand zu nutzen. Der Spieler muss verstehen, warum wir etwas trainieren. Das liegt einerseits natürlich an uns als Trainerteam, das zu vermitteln. Es liegt aber auch am Spieler, das Interesse dafür zu haben. Ich will nicht, dass Spieler als ­Konsumenten kommen, einfach nur das Training hinnehmen und dann wieder nach Hause fahren oder in ein schönes Café im Belgischen Viertel. Sie sollen sich mit ihrem Job auseinandersetzen.


Wie bringt man Spieler dazu, in die Tiefe zu gehen, die sich bisher damit nicht wirklich intensiver beschäftigt haben?


Vorleben, einfordern, sie immer wieder dazu animieren – und manchmal, wenn es sein muss, auch in den Arsch treten.


Bei St. Pauli hast Du beispielsweise feste Anwesenheitszeiten eingeführt für die Spieler. Was hast Du hier in deiner Anfangszeit schon konkret verändert?


Jeder Trainer hat seine präferierten Abläufe. Wir sind mal früher da, mal später – das hängt auch ein bisschen von der Intensität und der Länge der Trainingswoche ab. Die Spieler wissen alle, dass sie eine gewisse Zeit hier am Geißbockheim verbringen. Wir haben zuletzt auch ab und zu mal doppelt trainiert, um ein Beispiel zu nennen. Aber wir haben den ­Fußball jetzt ganz sicher nicht neu erfunden.


Nehmen die Spieler die Umstellungen an?


Die Spieler haben über Weihnachten wahrscheinlich auch alle auf die Tabelle geguckt und allen war klar, dass es so nicht weitergehen kann. Es gibt Impulse, die man auf dem Platz geben kann in Form von neuen Taktiken, neuen Aufstellungen, Personalwechseln. Aber man kann natürlich auch neben dem Platz einiges ändern. Ich wollte schon einen frischen Wind reinbringen, aber man muss das mit Verstand machen und darf keinen Aktionismus walten lassen, nur um etwas zu verändern.


Aufgrund der Transfersperre konnte man am Kader nichts verändern. Sind die angesprochenen talentfreien Aspekte deshalb noch wichtiger, um aus der vorhandenen Qualität und dem vorhandenen Talent das Maximum rauszuholen und es Stück für Stück zu heben?


Ja. Und für mich als Trainer ist es im Umkehrschluss fast schon ein Vorteil, dass ich weiß: Das sind die Spieler, die ich zur Verfügung habe – in den nächsten Monaten und wahrscheinlich über die Saison hinaus. Dementsprechend liegt der Fokus vollkommen darauf, die aktuelle Mannschaft bestmöglich zu entwickeln, jeden einzelnen individuell zu fördern und dadurch auch die Mannschaft weiterzubringen – von Trainingseinheit zu Trainingseinheit und von Spiel zu Spiel. Wir haben den Fokus zu 100 Prozent auf unseren Jungs, weil wir wissen, dass von extern nichts mehr dazu kommt. Das ist absolut okay für mich, man kann den Konkurrenzkampf auch anders befeuern. Wir haben ­genügend Alternativen auf jeder Position und niemand kann sich seines Platzes sicher sein.


Wie hast Du den 1. FC Köln von außen wahrgenommen – und haben sich Deine Eindrücke nun in der Innenperspektive bestätigt?


Der 1. FC Köln hat eine enorme Strahlkraft weit über Köln ­hinaus. Deshalb hat man immer auf den Verein geschaut. Von außen hatte der FC in den vergangenen Jahrzehnten ein bisschen den Ruf eines Chaos- oder Karnevalsvereins. Ich muss aber sagen, dass hier intern Top-Strukturen ­herrschen. Es ist alles gut aufgegleist, die Zuständigkeiten sind vollkommen klar. Intern gibt der Verein ein sehr klar strukturiertes Bild ab und das macht es mir als Trainer einfach, hier zu arbeiten.

Wie war die Erwartung von außen an die Mannschaft? Du musst Dir ja zugetraut haben, mit dieser Mannschaft Erfolg haben und die Klasse halten zu können …


Absolut. Wenn man sich den Kader anschaut und Spieler für Spieler durchgeht, dann haben einige schon nachgewiesen, dass sie in der Bundesliga deutlich bessere Leistungen bringen können. Klar hat man in den letzten Transferperioden wichtige Spieler abgegeben – das gehört bei einem Verein wie dem FC dazu, denn da gibt es ­einfach größere Fische im Teich, die mit mehr Geld oder internationalen Spielen ­locken können. Deshalb liegt es an uns, die Spieler, die vorher in der zweiten Reihe ­waren, schnellstmöglich zu entwickeln, dass sie eine steile Lernkurve hinlegen und andere Spieler wieder auf das Niveau kommen, auf dem sie schon einmal waren.

Auffällig war in den ersten Spielen unter Dir, dass die Mannschaft einen etwas anderen Ansatz wählt, mehr durchs Zentrum statt über die Außen durchdringen will. Täuscht der Eindruck?


Wir haben die eine oder andere Anpassung vorgenommen, was das Spielsystem angeht. Das bedingt, dass es auch ein paar ­andere Pass- und Laufwege gibt. Aber der grundsätzlichen DNA des Vereins wollen wir treu bleiben, beispielsweise mit Viererkette und Angriffspressing zu spielen. Trotzdem schaue ich als Trainer, auf welcher Position der einzelne Spieler aus meiner Sicht am besten aufgehoben ist. Wir wollen dabei ­einerseits flexibel bleiben, den Spielern aber auch Sicherheit vermitteln, was auf den jeweiligen Positionen ihre Aufgaben sind und woran sie sich orientieren können.


Die Spielidee gehörte zum Anforderungsprofil des neuen Trainers. Musstest Du Dich darauf einlassen oder war das ohnehin deckungsgleich mit Deiner Vorstellung von Fußball?

Hinten den Bus zu parken und vorne auf ­Zufall oder ein Standardtor zu hoffen – dafür wäre ich sicher der falsche Trainer gewesen. Ich habe schon immer versucht, mit meinen Mannschaften aktiv zu sein. Das wird nicht gegen jede Mannschaft immer zu 100 Prozent funktionieren, es wird immer mal Spielphasen geben, wo du auch hinten reingedrängt wirst. Aber auch dafür gilt es, einen Plan zu haben, um dann mit Ball wieder aktiv zu sein. Wir wollen aggressiv auftreten, mutig sein und eine Mannschaft sein, die das Herz in beide Hände nimmt. Das, glaube ich, wollen unsere Fans sehen. Wenn man dann ein Spiel verliert, werden sie dennoch honorieren, dass wir Vollgas gegeben haben.

Das ganze Interview mit Timo Schultz lest Ihr in der neuen Ausgabe des GeißbockEchos. Ausgabe 3 gibt es gedruckt und für alle FC-Mitglieder im geschlossenen Mitgliederbereich auch online zu lesen.

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