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Aus dem Brennpunkt auf den Sportplatz

31.7.2025

Philipp Georgopoulos kniet auf dem großen Sportplatz in Zündorf. Um ihn herum sitzt eine Traube an Kindern – Mädchen und Jungen, die Jüngsten sechs Jahre, die Ältesten zehn Jahre – von sportlich bis weniger sportlich. In diesem Moment gehören sie alle zur selben Gruppe und hören Georgopoulos gespannt zu. Denn er ist einer von sechs Übungsleitenden im Sommercamp der FC-Stiftung, die den Teilnehmenden über fünf Tage ein buntes Bewegungsprogramm bieten.

„Das Camp ist eine Herzensangelegenheit von mir“, sagt Georgopoulos und führt aus: „Ich würde es als eine Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche aus sozialen Brennpunkten beschreiben.“ Als Sohn eines griechischen Vaters hat er selbst einen Migrationshintergrund. Der 38-Jährige ist wie ein Großteil der teilnehmenden Kinder auch im Kölner Süden aufgewachsen. „Meine Jugend habe ich in Meschenich verbracht, deswegen weiß ich, was es den Kindern bedeutet.“ Er ist ebenfalls in einem Brennpunkt aufgewachsen, auch wenn er unterstreicht, dass er durch seine Familie viel Unterstützung erfahren hat. Nichtsdestotrotz kann er sich in die Köpfe der Kinder gut hineinversetzen, denn auch ihm zeigte der Sport damals neue Perspektiven auf. „Als Kind gab es in meinem Umfeld nur Fußball“, sagt er. Hier im FC-Sommercamp können die Kinder und Jugendlichen verschiedene Sportarten testen.

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Die Camps der FC-Stiftung sind kostenlos. Warum? Weil es genau die Kinder anspricht, denen Sportangebote wie diese für gewöhnlich verwehrt bleiben. Die Sommercamps der FC-Stiftung sind ein Teil des Projektes FC im Veedel und finden seit 2023 sowohl in den Sommer- als auch in den Oster- und Herbstferien in den laufenden Bewegungsräumen des Projektes statt.

Hier erfahrt Ihr mehr über die FC-Stiftung und FC im Veedel!

Das 22-köpfige Organisationsteam betreut in einer Woche rund 100 Kinder. Die Sportanlage in Zündorf ist für die FC-Stiftung ein Glücksgriff, da sich das Geschehen über den Tag gut verteilen lässt. Die Kinder sind auf sechs Stationen aufgeteilt. Am Vor- und Nachmittag eines jeden Tages finden die Trainingseinheiten statt. Die Campwoche ist so aufgebaut, dass die Teilnehmenden jede Station einmal durchlaufen. Zwischen den Einheiten gibt es eine Mittagspause sowie einen Zeitraum, den die Kinder zum freien Spielen auf dem großen Sportplatz nutzen dürfen.

Nach dem Essen flitzen die Mädchen und Jungen über den Rasen. Umso erstaunlicher ist es, wie schnell sie sich im Mittelkreis des Platzes zusammenfinden, als die Trainerinnen und Trainer die Freizeit beenden. Über ein Mikrofon gibt die Campleitung bekannt, wie es am Nachmittag weitergeht. An jeder Station wartet auf die Kinder eine neue Sportart. In der einen Hälfte des Kunstrasenplatzes wird Flag-Football und Hockey gespielt, auf der anderen Seite trainiert die Fußball-Gruppe. Während an der Mittellinie die Tanzstation für den Flashmob am Abschlusstag trainiert, springen die Leichtathletinnen und -athleten auf der Tartanbahn über kleinere Hindernisse. Nebenan auf dem Basketballplatz ist die sechste Gruppe stationiert und wirft fleißig auf die vier Körbe.

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Georgopoulos betreut das neugeschaffene Flag-Football-Angebot. In einem engen Kreis schwört er die Kinder auf den aktiven Teil seines Trainings ein. Als er im vergangenen Jahr nach dem Mittagessen mit einigen Camp-Teilnehmenden ein paar Bälle warf, entstand die Idee einer eigenen Football-Station. „Zu Beginn wussten einige Kinder nicht mal, dass es den Sport überhaupt gibt“, erzählt er und streift sich seine Football-Handschuhe über. Georgopoulos ist bestens ausgestattet, immerhin spielte er mehrere Jahre für die Hildesheim Invaders in der GFL (German Football League). Als ehemaliger Bundesligaspieler kommt er bei den Kindern gut an. Sie eifern seinen Bewegungen nach und entwickeln schnell ein Gefühl für das Ei. „Mittlerweile werden so viele Bälle gefangen, dass wir scherzhaft überlegen, eine Mannschaft zu gründen“, sagt der stolze Trainer und lacht.

Neben den jeweils sechs Übungs- und Gruppenleitern sowie sechs Helfenden gehören auch vier Pädagoginnen und Pädagogen zum Team der FC-Stiftung. An den Camps nehmen nicht nur Kinder verschiedenster Herkünfte, sondern auch Kinder mit Beeinträchtigungen teil. „Bei uns wird Integration und Inklusion gelebt“, sagt Pädagogin Svenja Schneider. Viele der Teilnehmenden treffen in der Woche erstmals auf Kinder mit Beeinträchtigungen. „Es ist ein offenes Herantasten. Wir sprechen die Dinge gezielt an, zu häufig kommt es noch vor, dass wir um die Thematik herumreden“, erklärt sie weiter.

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Die meiste Zeit des Tages verbringt sie im pädagogischen Zelt neben dem Rasenplatz. Das Zelt ist ein Rückzugsort für die Kinder, in dem gemalt, gebastelt oder einfach mal entspannt werden kann. Die Pädagoginnen und Pädagogen dienen als neutrale Ansprechpartner, die bei Problemen helfen oder Konflikte lösen können. Schneider ist bereits zum sechsten Mal bei einem Camp der FC-Stiftung dabei und konnte die Entwicklung über die Jahre beobachten. Bei ihrem ersten Camp sei das pädagogische Team noch deutlich kleiner gewesen, erinnert sie sich. Mit der Zeit wurde es aufgestockt, sodass auf die Kinder nun auch in Einzelgesprächen gezielter eingegangen werden kann. Auch in die Vorbereitung der Camps wurden immer mehr Ressourcen gesteckt. Alle Eltern müssen Fragebogen ausfüllen, wodurch die Campleitung schon im Vorfeld Bescheid weiß, was die Kinder in der Woche benötigen.

„Einige Kinder brauchen beispielsweise Hilfe bei den Toilettengängen“, erklärt Schneider. Die Sportangebote und die Pausen werden so angepasst, dass jeder Teilnehmende mitmachen kann und niemand sich verstellen muss. „Wir bekommen häufig positive Rückmeldungen der Eltern, darüber freuen wir uns besonders“. Oft hören sie, dass es das erste Camp gewesen sei, bei dem sich selbst Kinder mit Beeinträchtigungen zur Gruppe zugehörig fühlten. Solch positive Nachrichten sind der Grund, weshalb alle Helfenden auch beim nächsten Mal wieder dabei sein wollen und das, obwohl die Camptage in der Arbeitszeit liegen. Schneider, die aktuell als Dozentin bei einem privaten Bildungsträger in Bonn tätig ist, nimmt sich für die Camps extra eine Woche Urlaub. Der selbstständige Georgopoulos hat beruflich mehr Freiheiten, reist für die Angebote der FC-Stiftung jedoch stets aus dem vier Stunden entfernten Braunschweig an.

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Zum Abschluss des Camptages kommen alle Gruppen wieder im Mittelkreis zusammen. Einige sind sichtlich erschöpft, andere haben noch immer Energie und spielen auf dem Weg Fangen. Auch für die Coaches neigt sich ein kräftezehrender Tag dem Ende zu. Während die Kinder von den Eltern in Empfang genommen werden, räumen die Trainerinnen und Trainer sowie die Helfenden die Utensilien der Stationen zusammen. Um kurz nach 16 Uhr dürfen dann auch sie den Heimweg antreten. Der Tag war anstrengend, es lohnt sich aber jede Stunde auf der Anlage.

„Ständig sprechen wir über Inklusion, Integration und soziale Missstände“, holt Georgopoulos abschließend aus. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die erfolgreichen Projekte zu selten sichtbar sind. „Du musst kein Multimillionär sein, um in der Gesellschaft etwas bewegen zu können.“ Alles, was es dazu brauche, sei ein wenig Zeit sowie das passende Projekt: „Es ist genial, dass der FC seine Strahlkraft nutzt, um solch schöne Projekte auf die Beine zu stellen. Man merkt sofort, dass die Leute mit der Situation anders umgehen, sobald der Geißbock ihre Brust ziert.“