
Funkel: „Das bekommst du von den Spielern zurück“
Im zweiten Teil des Interviews mit fc.de spricht Friedhelm Funkel über die Hoffnungen in seine Person, seinen Bezug zu Köln und den FC-Fans, das erste Gespräch mit Florian Kainz und die Faktoren im Aufstiegskampf.
Friedhelm, mit Deiner Verpflichtung ist eine kleine Euphorie entstanden. Wie gehst Du persönlich mit den Hoffnungen in Deine Person um?
Friedhelm Funkel: Einerseits gehe ich gelassen damit um, es ist aber auch ein tolles Gefühl. Und vielleicht ein klein wenig Bürde. Aber das sind keiner zentnerschweren Rucksäcke, sondern ich kann gut damit umgehen.
Wie würdest Du Dein Verhältnis zu den FC-Fans beschreiben?
Ich gehe offen und ehrlich auf die Menschen zu, auch wenn ich beispielsweise in der Stadt oder an Karneval unterwegs bin. Da habe ich zu 99,9 Prozent immer einen sehr guten Umgang und Draht zu den Menschen hier in Köln. Die Menschen spüren, dass ich auf dem Boden geblieben bin. Dass ich nicht eitel bin – naja, ein bisschen eitel schon, was das Aussehen angeht, sofern man das in den Phasen des Alters sein kann (lacht). Wenn ich in eine Kneipe gehe, rede ich mit den Leuten, mache Fotos, wenn sie das möchten. Das akzeptieren die Menschen. Das ist ein überragend schönes Gefühl und in der Regel haben die Menschen ein gutes Gespür.

Blicken wir auf die Mannschaft. In welchen Zustand hast Du diese vorgefunden an Deinem ersten Tag?
In einem sehr guten Zustand, da muss ich Gerhard ein großes Kompliment machen. Die Mannschaft war und ist intakt. Sie ist in einem sehr guten körperlichen Zustand. Das ist gerade am Ende der Saison sehr wichtig, weil du da als Trainer nicht mehr viel machen kannst.
Du hast von einem schnellen Vertrauensverhältnis zur Mannschaft gesprochen. Wie konnte das in der Kürze der Zeit entstehen?
Ich hatte es ein bisschen leichter, weil ich viele hier schon kannte. Das hat in der Mannschaft angefangen mit Jan Thielmann, Florian Kainz, Tim Lemperle und Marvin Obuz, die 2021 schon dabei waren. Dazu kamen Spieler, mit denen ich rund um die Spiele mal gesprochen hatte. Das Gleiche gilt für Trainerteam und Staff. Thomas Kessler war in meiner letzten Zeit hier als Trainee auf der Geschäftsstelle. Es war wie ein Nachhause kommen. Das Vertrauen der Spieler mir gegenüber war sehr schnell da. Das hat es mir leicht gemacht, es war vom ersten Tag an ein sehr gutes Verhältnis.
Du hast schon sechs Aufstiege in die Bundesliga gefeiert. Worauf kommt es in der entscheidenden Phase an?
Die Ruhe bewahren, Selbstbewusstsein ausstrahlen, der Mannschaft vertrauen und auch eine gewisse Lockerheit reinbringen. Man darf nicht zu sehr verkrampfen. Wenn der Aufstieg nun gelingen sollte, habe ich aber von allen den geringsten Anteil. Ich habe nur zwei Spiele gemacht. Vielleicht habe ich das eine oder andere an Spielfreude und guter Laune wieder reingebracht, taktisch eine kleine Veränderung vorgenommen. Aber Gerhard hat 32 Spiele gemacht und stand auf Platz zwei. Er hat mit der Mannschaft und dem Trainerteam den allergrößten Anteil daran.
Du sprichst die Lockerheit an, die es braucht. Thomas Kessler sprach vom einen oder anderen Schmunzler in der Spieltagsbesprechung. Wie kann man sich das vorstellen?
Ich weiß nicht mehr genau, was ich gesagt habe. Das mache ich immer relativ spontan. Gewisse Punkte habe ich natürlich im Kopf, die ich der Mannschaft mitgebe – die Aufstellung, das System. Aber dann fällt mir während der Sitzung auch das eine oder andere ein, wo ich die Leute vielleicht auch mal zum Schmunzeln bringe. Ich weiß auch noch nicht, was ich am Sonntag sage. Aber es gehört bei mir dazu, in so einer Besprechung auch mal einen lockeren Spruch reinzubringen. Das habe ich immer gemacht. Das kommt gut an und lockert die Atmosphäre zwei Stunden vor dem Spiel. Wenn wir in den Bus steigen, ist die Konzentration dann aber sehr hoch.

Du hast gesagt, dass Fußball keine Mathematik, sondern immer noch einfach ist. Was hast Du der Mannschaft vor dem Nürnberg-Spiel mitgegeben?
Das war meine Herangehensweise, klare und einfache Abläufe zu haben. Das haben wir am Mittwoch und Donnerstag einstudiert, wir haben das System ein bisschen umgestellt. Ob du aber nun mit Dreier- oder Viererkette spielst – das ist kein Hexenwerk. Die Positionierung ist etwas anders, aber jeder Spieler kann das. Ich wollte beide Flügel doppelt besetzt haben, das haben die Spieler sehr gut gemacht. Dazu ist mir wichtig, dass die Jungs auch auf dem Platz Entscheidungen fällen können, die wir nicht abgesprochen haben, die dann aber entscheidend sein können. Ich habe eine erfahrene Mannschaft, die auch selbst Absprachen treffen kann. Selbst ein Spieler wie Jan Thielmann ist trotz seines jungen Alters erfahren. Wenn er der Meinung ist, dass er nach innen geht wie vor seinem Pfostenschuss in Nürnberg, dann hat er diese Freiheit, solange das Grundgerüst steht und alle Spieler versuchen, schnell wieder in die Positionen zu kommen.
Einer, der die Freiheiten sehr gut genutzt hat, war Florian Kainz, der mit seinem Doppelpack zum Matchwinner wurde und den Du 2021 schon trainiert hast. Hast Du ihm diese Leistung trotz einer nicht immer einfachen Saison zugetraut?
Ich hab sie ihm zugetraut. Er war auch damals schon ein ganz wichtiger Spieler, obwohl er aus einer Verletzung kam. Es freut mich total, dass er die zwei Tore und ein gutes Spiel gemacht hat. Ich habe auch in Krefeld mitbekommen, wie viel Kritik er medial einstecken musste. Ich habe zu Beginn gleich mit ihm gesprochen und habe gesagt: Flo, Du spielst am Wochenende wieder auf Deiner Position, die Du damals gespielt hast. Er wusste also sehr früh, dass er spielt. Das gibt ihm Sicherheit. Kainzi ist ein sehr guter Spieler, ist österreichischer Nationalspieler. Genauso wie auf der anderen Seite Gazi.
Ihm hast Du nach seiner Verletzung das Vertrauen geschenkt.
Ich habe ihn am Dienstag im ersten Training gesehen. Der ist gerannt und hat Zweikämpfe geführt, das hat mich beeindruckt. Da dachte ich: Den lässt du spielen, das ist ein Beißer, auf den kannst du dich verlassen – obwohl ich ihn davor gar nicht kannte. Dadurch war die Position für Jan vorne wieder frei. Er trifft den Pfosten und Unterkante Latte. Das kann er nicht machen, wenn er hinten spielen muss. Gazi war total überrascht, dass ich ihn von Beginn an habe spielen lassen. Aber du bekommst das von den Spielern zurück.
Hier lest Ihr Teil 1 und Teil 3 des Interviews mit Friedhelm Funkel.