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Joel Schmied: Was ihn am FC am meisten begeistert
Joel Schmied stand in bislang allen Pflichtspielen des 1. FC Köln in dieser Saison auf dem Platz, in vier von fünf Partien spielte er von Beginn an. Im Interview mit fc.de blickt der Innenverteidiger auf die erste Saisonniederlage in Leipzig zurück und spricht über Selbstvertrauen, die Integration der Neuzugänge, Unberechenbarkeit und Flexibilität sowie das Ankommen in Köln – mit kleineren Problemen bei der Wohnungssuche und der Mülltrennung.
Joel, in Leipzig habt Ihr die erste Saisonniederlage kassiert. Wie blickst Du auf das Spiel zurück?
Joel Schmied: Wir haben versucht, so lange wie möglich ungeschlagen zu bleiben. Leipzig war ein Gegner mit sehr viel Qualität, der ganz andere Ambitionen hat als wir und sich auf den ersten fünf, sechs Plätzen sieht. Wir haben es aber sehr ordentlich gemacht, speziell in der ersten Halbzeit, und auch fußballerisch einen Step nach vorne gemacht. Wir haben unser Tor in der Videoanalyse angeschaut und gesehen, dass wir davor 1:20 Minute in Ballbesitz waren. Im Spiel mit dem Ball wollen wir uns immer weiter verbessern und haben schon einen guten Schritt gemacht. Die fünf Minuten vor der Pause waren der Killer für uns. Trotzdem haben wir die zweite Hälfte sehr ordentlich gespielt und hatten eine riesige Chance durch Ragy (Ragner Ache, Anm.d.Red.). Leipzig hat es dann clever runtergespielt. Es war sicher ein Rückschlag, aber nur vom Resultat her und nicht von der Performance.
Leipzig hat Tempo und Qualität in der Offensive. Was war für Euch als Verteidiger besonders anspruchsvoll?
Es ist sehr anstrengend, sie haben eine extreme Energie und schnelle Spieler. Die sprinten nicht einmal pro Halbzeit mit 37 km/h, sondern können das immer wieder machen. Wir waren aber sehr gut darauf eingestellt und haben es sehr gut gemacht. Dann kommt die individuelle Klasse dazu, die du nicht immer verteidigen kannst. Wir haben es ordentlich gemacht mit kleinen Fehlern, die leider direkt ausgenutzt wurden. Nichtsdestotrotz war es defensiv wie offensiv eine ordentliche Leistung von uns.

Wie geht Ihr mit Spielen im Nachgang um und unterscheidet sich das nach Niederlagen und Siegen?
Wir schauen normalerweise am Anfang der Woche das Spiel vom Wochenende noch einmal an, haken es dann aber schnell ab. In der Trainingswoche liegt der Fokus vielleicht auch einmal auf Themen, die wir zuletzt nicht so gut gemacht haben. Ab dem zweiten, dritten Tag ist der Fokus dann aber schon auf dem nächsten Spiel.
Das heißt, der Fokus liegt nun schon auf dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart, der mit zwei Siegen und zwei Niederlagen in die Saison gestartet ist. Was erwartest Du für ein Spiel?
Wie Leipzig, hat auch Stuttgart große Ambitionen und sehr gute individuelle Spieler. Es wird ein hartes und intensives Spiel, in das wir alles reinwerfen müssen. Wir wollen fußballerisch wieder einen Zacken zulegen, aber auch in puncto Aggressivität ans Limit gehen, auf die zweiten Bälle da sein, kompakt sein, das Pressing clever ausspielen.
Vier der bisherigen fünf Spiele in dieser Saison fanden auswärts statt. Freut Ihr Euch nun umso mehr auf das zweite Heimspiel?
Heimspiele machen immer am meisten Spaß, wenn du rauskommst und bejubelt wirst. Das Sprichwort mit den Fans als zwölftem Mann ist nicht nur so dahingesagt, das ist wirklich ein großer Faktor. Wenn es nicht so läuft, können dich die Fans wieder mitreißen. Wenn es sehr gut läuft, können die Fans die Euphorie verstärken. Das hat man auch im Heimspiel gegen Freiburg gesehen. Als wir in der zweiten Hälfte den Turbo gezündet haben, war richtig was los auf den Rängen. Meine Freundin war im Stadion und meinte, teilweise sei die Stimmung fast besser gewesen als beim Aufstiegsspiel gegen Kaiserslautern. Das ist etwas, das uns richtig, richtig pushen kann.
Wie groß ist nach dem guten Saisonstart das Selbstvertrauen, mit dem Ihr in die Spiele geht?
Es war mental wichtig für uns zu wissen, dass wir das Level für die Bundesliga haben. Wir sind trotzdem Aufsteiger, auch wenn der FC ein riesiger Verein ist, und sind dadurch in den meisten Spielen der Underdog. Unsere Devise ist: Wir wollen jeden Gegner vor Probleme stellen und die nötigen Punkte holen. Wir sagen aber nicht: Der Start war ganz gut, und wenn wir nun ein, zwei Mal verlieren, ist es immer noch okay. Das ist nicht unser Anspruch, das ist vor allem nicht der Anspruch von Lukas Kwasniok, der in unsere Köpfe einprägt, dass wir immer besser werden müssen. Spitzensportler sind da, um Spiele zu gewinnen und nicht, um sie zu verlieren.

Im Sommer kamen viele neue Spieler zum FC. Hättest du damit gerechnet, in vier der ersten fünf Pflichtspiele in der Startelf zu stehen und in allen zum Einsatz zu kommen?
Man darf nie damit rechnen, dass man alle Spiele macht. Ich kenne meine Stärken und meine Schwächen und weiß, dass ich dem Team weiterhelfen kann mit meinen Stärken. Eine davon ist, dass ich ein großer Teamplayer bin und Tag für Tag alles reinwerfe. Der Trainer mag das an mir. Im Moment habe ich mit dem Coach auch eine sehr gute Connection. Dann spürt man das Vertrauen des Trainers und will es zurückzahlen. Wir haben sehr viele Spieler im Kader, die eine sehr hohe Qualität haben. Wenn jemand rausgeht, kommt ein Spieler mit derselben Qualität. Es ist eine Stärke von uns, dass wir reagieren können und flexibel sind. Es geht nicht darum, in jedem Spiel immer von Anfang an spielen zu müssen. Am Schluss müssen einfach die drei Punkte da sein. Da muss man das große Ganze über die individuelle Situation stellen. Das machen wir im Moment ganz gut.
Würdest Du sagen, dass Du inzwischen voll angekommen bist in Köln und beim FC?
Ich bin definitiv froh, dass ich nicht mehr der Neue bin. Jetzt bin ich schon einer derjenigen, der die Stadiontouren und Führungen macht (lacht). Ich bin angekommen, kenne die Stadt und die Leute im Verein sehr gut. Es war mein erster Transfer ins Ausland, das unterschätzt man auch ein bisschen. Man sagt zwar, Deutschland ist sehr ähnlich zur Schweiz, dennoch ist man weit weg von seiner Familie, die nicht nebenan, sondern 700 Kilometer entfernt ist. Jetzt fühle ich mich extrem wohl, das sieht man auf und neben dem Platz.

Wie wichtig ist es für Deine Leistung auf dem Platz, dass Du Dich auch daneben wohlfühlst?
Das geht Hand in Hand. Man kann nur performen, wenn es neben dem Platz auch stimmt. Das familiäre Umfeld, das Trainerteam, die Mitspieler – das ist alles sehr wichtig. Deshalb haben wir auch bei den neuen Spielern im Sommer großen Wert darauf gelegt, die Integration schnell voranzubringen und sie gut aufzunehmen, damit sie uns schnell helfen können.
Wie läuft diese Integration ab, insbesondere bei so vielen Neuzugängen?
Die Spieler hier sind sehr offen. Man fragt, ob man in der Freizeit mal einen Kaffee trinken geht, um auch abseits der Kabine zu quatschen. Das ist eine andere Umgebung, man kann auch über Familie und Freunde sprechen, nicht nur über Fußball. Wir hatten alle sofort eine gute Verbindung mit den neuen Spielern – das sind alles sehr angenehme, einfache und witzige Typen. Kess hat darauf geachtet, dass die Typen in die Mannschaft passen. Wir haben keinen schwierigen Spieler dabei, da ziehen alle am selben Strang.

Du hast schon angesprochen, dass Du das erste Mal ins Ausland gewechselt bist. Was ist hier anders als Du es aus der Schweiz gewohnt bist?
In der Bundesliga ist im Vergleich zur Schweizer Liga sicher alles besser – das Tempo, die Physis, die Qualität mit und ohne Ball. Alles geht ein bisschen schneller. Man versucht, sich daran anzupassen und ich mag es, sich mit Top-Spielern zu messen. Davon kann man enorm profitieren. Neben dem Platz ist ein gutes Umfeld, mit dem man nicht nur über Fußball sprechen kann, enorm wichtig. Und dann gibt es einige kleine Dinge mit Wohnungen und Mülleimern, die einfach anders funktionieren als in der Schweiz, wo man sich anpassen muss.
Kannst Du das näher erläutern?
Bei der Wohnungssuche war ich anfangs überrascht, dass keine Küchen eingebaut waren und ich dachte: Ich kann doch keine Wohnung ohne Küche nehmen (lacht). Auch die Waschmaschinen muss man selbst kaufen. Da war ich bei der Wohnungssuche ein bisschen überfordert, genauso anfangs bei der Mülltrennung. In der Schweiz wird alles sehr penibel getrennt. In meinem Haus habe ich nur zwei Mülltonnen und habe dann alle wahnsinnig gemacht, wann die verschiedenen Abfuhren kommen. Die Flaschen muss man wieder in den Supermarkt bringen, da haben wir in der Schweiz separate Tonnen, die man rausstellt. Das sind alles kleine Umstellungen.
Du hast die Bedeutung der Mitspieler angesprochen. Vergangene Saison und diese Saison ist Timo Hübers oft an Deiner Seite in der Abwehr. Wie läuft das Zusammenspiel mit ihm?
Hübi und ich verstehen uns auch neben dem Platz super. Er ist ein super Typ, sicher kein Prototyp Fußballer, er hat auch viele andere Interessen. Wenn ich mal eine Frage habe, die sich nicht um Fußball dreht, dann wird unser Physio Marvin oder Hübi gefragt (lacht). Auf dem Feld ist er ein super positiver Typ, der immer da ist, mit dem man viel sprechen kann, der immer 100 Prozent für den Verein gibt.

Darüber hinaus hat sich auf dem Platz um Euch herum einiges getan. Wie lief das Einspielen mit den neuen Spielern?
Da wird vor allem unter der Woche viel gearbeitet, am Wochenende sieht man dann nur das Resultat davon. In der Vorbereitung haben wir sehr viel Zeit investiert in Übungen, wo alle integriert werden und man auf jedes Detail schaut. Die Kommunikation ist nun Englisch/Deutsch und nicht mehr nur Deutsch wie zuvor. Es ist ein Vorteil, dass jeder bei uns im Team Englisch spricht. Dazu sind die Neuen sehr lernfähig und positiv gegenüber neuen Dingen eingestellt.
Was hat sich unter Lukas Kwasniok für Euch verändert und was verlangt er von Euch?
Der Coach hat Plan A, B, C und D. Jeder Spieler weiß genau, was er zu tun hat, wenn er aufs Feld geschickt wird. Wenn es nicht wie gewünscht aufgeht, können wir Anpassungen vornehmen. Der Trainer hat einen ganz klaren Plan, wie wir mit und ohne Ball agieren wollen. Das ist eine Kombination aus unseren Stärken und den Schwächen des Gegners. Der Coach hat Stärken im Analysieren von Stärken und Schwächen. Jeder Trainer hat seine Handschrift, ich sage immer: Viele Wege führen nach Rom. Am Schluss muss man einfach gewinnen und das machen wir bislang gar nicht so schlecht. Wichtig ist, dass wir flexibel und unberechenbar für den Gegner bleiben, mal mit Vierer- oder Fünferkette spielen, mal mit Doppel-Sechs, mal mit Doppel-Acht.
Du warst sowohl in Wolfsburg als auch in Leipzig der schnellste FC-Spieler auf dem Feld. Siehst Du die Schnelligkeit als eine Deiner großen Stärken?
Die Schnelligkeit kommt mir sicher zugute. In der Bundesliga hast du selten einen Stürmer, der relativ langsam ist, die sind alle dynamisch. Da ist es von Vorteil, dass man das Tempo der Stürmer mitgehen kann. Ich habe einige Stärken, einige Schwächen – die Schnelligkeit gehört sicher zu den Stärken.
Freust Du Dich auf ein Laufduell besonders?
Ich freue mich generell nie auf ein Laufduell, denn das heißt dann höchste Gefahr für unser Tor. Amoura von Wolfsburg, den ich aus der Super League in der Schweiz kenne, ist sicher einer der Schnellsten. Das ist nicht so einfach, weil sein Schwerpunkt zudem gefühlt eineinhalb Meter tiefer liegt als bei mir (schmunzelt).

Du bist nun über ein halbes Jahr in Köln und beim FC. Was gefällt Dir am meisten an der Stadt und am Verein?
Die Leidenschaft und die Verbundenheit von der Stadt zum Verein. Ich habe das Gefühl, dass jeder, der in Köln aufwächst, automatisch auch FC-Fan ist, das ist unglaublich. Das kennen wir in der Schweiz nicht so extrem. Da sind die Stadien zwar gut gefüllt, hier in Köln musst du aber um ein Ticket kämpfen, um uns am Wochenende anfeuern zu dürfen. Das gibt dann auch einen Extra-Push, wenn du weißt: Die Leute geben alles, um im Stadion zu sein. Dann sollte man auch ready sein, den Fans etwas zurückzugeben.