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Schwäbe: „Das wirft uns nicht aus der Bahn“
FC-Kapitän Marvin Schwäbe spricht im Interview über das unglückliche Ende im Heimspiel gegen den FC St. Pauli, die Einordnung der aktuellen Situation und seinen Blick auf das FC-Jahr 2025.
Marvin, wie lange dauert es, bis Du ein Spiel wie am Samstag gegen St. Pauli verarbeitet hast?
Marvin Schwäbe: Das hat wirklich bis zum Dienstagmorgen gedauert, ehe dann das erste Training der neuen Woche anstand. Es gibt Spiele, die sind auf des Messers Schneide, dann kann es mal in die eine oder andere Richtung kippen. Aber in diesem Fall war es so, dass Pauli nicht wirklich konnte und wollte. Wir waren dominant und haben das Spiel mit dem ersten Schuss auf unser Tor aus der Hand gegeben. Das war dann einfach extrem bitter und ärgerlich.
Du sagst, es hat bis zum Dienstagmorgen gedauert: Wie ist das zu spüren?
Ich bin dann einfach ein bisschen schlecht gelaunt. Natürlich versucht man, zu Hause abzuschalten, aber das ist gerade noch solchen Spielen schon auch schwierig. Meine Frau merkt das dann auch und lässt mich lieber mal in Ruhe oder versucht mich abzulenken. Ich glaube, das ist bei mir alles im Rahmen und ich finde auch immer einen guten Weg damit umzugehen.
Das Gegentor war maximal unglücklich, Du bist in der Situation weggerutscht. Wie hast Du es für Dich aufgearbeitet?
Im Moment des Kopfballs bin ich mir zu 100 Prozent sicher, dass ich den Ball halten werde. Das macht es noch ärgerlicher. Wenn ich kurze Stollen oder Nocken drauf gehabt hätte... Aber ich hatte die längsten Stollen drauf. Manchmal ist es dann einfach zum Ärgern, denn wir hätten die drei Punkte verdient gehabt.
St. Pauli hatte im ganzen Spiel einen xGoal-Wert von 0,14. Hat dann in der entscheidenden Situation auch die Konzentration ein bisschen gefehlt?
Wenn ich mir die Situation vor Augen führe, kann man vielleicht ein Stück aggressiver draufgehen, damit er die Flanke nicht schlägt. Aber er schlägt den Ball aus 35 Metern aus dem Halbfeld. Im Zentrum sollte man am Mann sein. Aber wir lassen den Kopfball aus zehn, elf Metern, aus einer eigentlich nicht so gefährlichen Position, zu – da bin ich als Torwart dann auch in der Pflicht, den Ball zu halten. Und normalerweise halte ich ihn auch.
Zuletzt blieben die Ergebnisse ein Stück weit aus, dennoch steht Ihr auf einem starken achten Tabellenplatz, was vor der Saison jeder unterschrieben hätte. Ist es jetzt umso wichtiger, diese positiven Gedanken in den Vordergrund zu stellen?
Wir sind innerhalb der Mannschaft so gefestigt, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn mal ein, zwei Spiele ergebnistechnisch nicht so laufen wie wir es uns vorgestellt haben. Das wirft uns nicht aus der Bahn. Zum Fußball gehören auch Emotionen. In der Vorwoche machen wir last minute den Ausgleich, nun kassieren wir ihn. Wir wissen, dass die Leistung in den letzten Wochen nicht immer bei 100 Prozent war. Aber über weite Strecken haben wir auch unsere Steps gemacht, uns weiterentwickelt und gelernt. Und wie Du gesagt hast: Wir sind in einer Situation, zu der vor der Saison jeder gesagt hätte: Danke, nehmen wir.
Ist die Leichtigkeit vom Saisonbeginn, als man als Aufsteiger befreit in die Spiele gehen konnte, zuletzt ein Stück weit abhandengekommen?
Zu Beginn gehst du als Aufsteiger in die Spiele, keiner weiß dich genau einzuschätzen. Dann kommen Verletzungen dazu, du musst umbauen, die Gegner stellen sich ein Stück weit mehr auf dich ein. Dass man mal ein kleineres Tief und dann wieder ein Hoch hat, gehört zum Fußball dazu.

Wie siehst Du Deine Rolle als Kapitän, wenn ihr in puncto Ergebnisse eine kleine Durststrecke habt?
Wir sind auf der einen Seite ein jüngeres Team, haben auf der anderen Seite aber trotzdem viel Erfahrung dabei. Einige waren schon im Ausland tätig und haben unterschiedliche Blickwinkel. Im Leadership kommt es deshalb natürlich nicht nur auf mich an, sondern auch auf viele andere. Es gibt solche Phasen im Fußball, die nicht einfach sind, und die man einfach überwinden muss. Als Team sind wir sehr gestärkt. Wir haben uns auch in der Vergangenheit nicht aus der Bahn bringen lassen, die Stimmung im Team stimmt und wir machen einfach weiter.
Was bisher sehr gut funktioniert – abgesehen von den Standards – ist die Defensivarbeit. Wie blickst Du darauf?
Ich glaube, wir sind grundsätzlich sehr gut in der Defensivarbeit. Dabei ist es auch egal, ob wir mit Dreier-, Vierer- oder Fünferkette spielen. Wir wissen, dass wir erstmal gegen den Ball zu arbeiten haben, um möglichst die Null zu halten. Nach vorne haben wir dann genug Qualitäten, um die Tore zu machen. Deshalb kann ich nur ein großes Lob an die Mannschaft aussprechen. Wir hatten in der Defensive auch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, mussten gefühlt jede Woche umstellen. Dann trotzdem so zu agieren, ist sehr gut.
Woran liegt das?
Wir haben einen guten Mix im Team, was die Kommunikation angeht. Wir haben inzwischen viele, die ihren Mund aufmachen und gelernt haben, ihren Teil dazu beizutragen. Es ist ein wichtiger Bestandteil in der Defensive, dass man gut kommuniziert.
Wie war es für Dich, dass Du Dich immer wieder auf neues Personal vor Dir einstellen musstest?
Alle Spieler sind auf einem sehr guten Niveau. Aber es sind einfach ein bisschen andere Spielertypen, darauf muss man sich einstellen. Wir hatten viele Konstellationen, die so davor noch nie zusammen auf dem Platz gestanden waren. Da fehlen natürlich ein Stück weit die Abläufe. Dafür, finde ich, haben wir es echt gut gemacht.
Am Samstag steht das Auswärtsspiel in Leverkusen an. Du hast dort eine ausgeglichene Bilanz mit zwei Siegen und zwei Niederlagen. Was bedeuten Dir die Spiele in Leverkusen?
Es ist natürlich eine gewisse Brisanz drin. Das Sportliche hat sich über die Zeit ein bisschen verändert. Als ich hergekommen bin, waren wir sportlich in etwa auf Augenhöhe. Und dann gab es Phasen, da hat Leverkusen um den Meistertitel gespielt und wir sind abgestiegen. Da haben sie uns auch mal hergespielt und wir hatten keine Chance. Am Samstag werden wir wieder von 4.000, 5.000 Auswärtsfans begleitet, die ordentlich Radau machen und uns den Rücken stärken. Das wird ein geiles Spiel, wir werden alles reinhauen und wollen das Spiel gewinnen.
Vergangene Saison wart Ihr als Zweitligist im DFB-Pokal ganz knapp vor der Sensation. Wie stolz macht Dich diese Leistung im Rückblick?
Vor dem Spiel hat keiner etwas auf uns gegeben als Underdog. Und dann führst du bis in die Nachspielzeit, machst ein unfassbar geiles Spiel. Der Rest ist dann leider Geschichte, weil Leverkusen Leverkusen-Sachen gemacht hat.
Braucht es diese Mentalität, die Ihr im Pokal gezeigt habt, auch am Samstag?
Zu 100 Prozent, ja. Wir wissen, dass die qualitativ wahrscheinlich stärker sind als wir. Aber das hat uns bislang in dieser Saison auch nicht daran gehindert, großen Mannschaften Paroli zu bieten und wir wissen, dass wir trotzdem etwas mitnehmen können.
Wenn wir die Klammer ums ganze Jahr setzen: Aufstieg, die bislang gute Saison. Kann man schon jetzt von einem erfolgreichen Jahr für den FC sprechen?
Auf jeden Fall. Natürlich können gewisse Sachen immer noch ein bisschen besser laufen. Es kann aber auch schlechter laufen, wenn man sieht, in welcher Situation wir kurz vor dem Aufstieg standen. Aber wir haben es bravourös gemeistert. Im Sommer folgten die Umstrukturierung und ein großer Umbruch, wo niemand genau wusste, wie es funktioniert. Das haben wir als Team zusammen mit dem Trainerteam super gelöst. Ich glaube, dass wir als Club aus dem Jahr gehen und sagen können, dass wir etwas Gutes geschafft haben. Das heißt nicht, dass wir uns zurücklehnen, sondern dass wir weiter hart arbeiten als Team, als Club. Wir wollen daran anknüpfen und weiter punkten, damit wir so früh wie möglich nichts mit unten zu tun haben.
