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Eindrücke für ein ganzes Leben

6.10.2023

Die U15 des 1. FC Köln hat das Wochenende rund um den ersten Maifeiertag für eine Turnier- und Bildungsreise nach Tschechien und Polen genutzt. Neben dem internationalen Vergleich mit Gegnern aus Tschechien, Polen, der Slowakei und dem englischen Rekordmeister Manchester United stand der Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau auf dem Programm. Die Nachwuchsspieler des FC hielten zudem auf Englisch Präsentationen über die Zeit der NS-Diktatur.

Wenn 22 lebensfrohe Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren vier Stunden lang kaum einen Ton von sich geben, muss schon etwas Besonderes passiert sein. Während des Besuchs im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau standen die Jungs vor einer Glasscheibe. Auf der anderen Seite der Scheibe stapelten sich kleine Schuhe. Kinder hatten sie ein letztes Mal ausgezogen, bevor sie vergast, totgeschlagen oder erschossen wurden. Hinter einer anderen Scheibe lagen Berge voller Haarbüschel, die den Frauen im KZ abrasiert wurden, damit die Nazis daraus Geld machen konnten. Bilder hängen an den Wänden, Opfer des Völkermords mit weinenden Gesichtern sind darauf zu sehen – Frauen, Männer und Kinder. Die meisten von ihnen waren Juden, aber auch politische Gegner des NS-Regimes, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle sowie Sinti und Roma litten unter dem NS-Regime und wurden getötet. Insgesamt 1,5 Millionen Menschen, deren Identität am Ende nur noch aus einer Zahlenreihe bestand, wurden zwischen 1940 und 1945 in Auschwitz wie am Fließband kaltblütig ausgelöscht. 

Die Jungs aus der U15 hören gebannt zu, während der Guide sie über mehrere Stunden an meterhohen Stacheldrahtzäunen vorbei über das Außenlager Auschwitz-Birkenau führt. „Vieles weiß man natürlich schon aus der Schule oder durch die Vorträge, die während der Reise gehalten wurden, aber es ist nochmal was ganz anderes, vor Ort alles selbst zu sehen,“ erzählt Josias. Er und seine Teamkollegen sehen an jenem Tag, wozu Rassismus und fremder Hass auf Mitmenschen führen kann. „Man fragt sich selbst die ganze Zeit, wie es dazu kommen konnte. Ich hoffe, dass so etwas nie wieder passieren wird,“ sagt U15-Spieler Zedan. Auch der Guide, eine polnische Deutschlehrerin, mahnt die Jungs nach der Führung, wachsam zu sein: „Immer, wenn jemand gemobbt wird, müsst ihr helfen. Die Zeitzeugen nennen das das elfte Gebot: Seid nicht gleichgültig.“ 

Im Anschluss an die Führung versammeln sich die acht Turniermannschaften um das Mahnmal, das für alle Zeit an die Gräueltaten der Nationalsozialisten erinnern soll. Einige Spieler schreiten leise und bedächtig mit einer angezündeten Kerze zur Gedenktafel. Alle halten für eine Minute inne, um den Opfern des größten Völkermords der Menschheitsgeschichte im Stillen zu gedenken. „Dem 1. FC Köln ist es immer sehr wichtig, Sportliches und Bildungsinhalte miteinander zu verbinden. Das ist uns auf dieser Reise auf ganz besondere Art und Weise gelungen. Die Eindrücke aus dem Besuch des KZ in Auschwitz werden den Jungs sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben,“ zieht Markus Halfmann, Leiter Entwicklungsbereich Nachwuchsfußball, nach der Reise ein Resümee.

Turnierreise mit vielen Bildungsinhalten

Es ist bereits die zweite Reise des 1. FC Köln nach Ostrava. Ostrava ist eine tschechische Stadt nahe der polnischen Grenze, deren Landschaftsbild aus der Zeit der industriellen Kohlebeförderung von Schloten geprägt ist. Vergangenes Jahr war die U15 bereits während der Osterferien nach Tschechien und Polen gereist. Es ist geplant, diese Reise jedes Jahr mit der U15 zu machen. Denn der Besuch des Konzentrationslagers in Auschwitz war nicht der einzige Bildungsinhalt der viertägigen Reise. Der gesamte Aufenthalt war eng mit der NS-Zeit und vor allem mit der Geschichte des Holocausts verknüpft. Nach dem Abendessen im Hotel beschäftigten sich die FC-Nachwuchsspieler in kurzen Vorträgen mit Themen und Fragen wie: Warum konnte Adolf Hitler an die Macht kommen? Was war eigentlich der Holocaust? Was passierte mit den Juden während der NS-Zeit? Die Vorträge dienten als Wissensgrundlage für den Auschwitz-Besuch und den Termin im Kulturzentrum der Stadt Ostrava. Spieler der acht Turniermannschaften hielten auf Englisch Vorträge über den zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus – aus der Sicht ihres jeweiligen Landes oder der Stadt ihres Vereins. Die drei U15-Spieler des FC – Hamed Cherif, Zedan Koc und Tom Schüren – meisterten diese Aufgabe bravourös und vertraten den FC hervorragend. 

Jungböcke werden Fünfter – Lukas Podolski schaut zu

Am zweiten Tag der Reise, vor dem Besuch des Konzentrationslagers in Auschwitz-Birkenau, war die U15 des 1. FC Köln bereits sportlich gefordert. In der Gruppenphase folgte auf eine knappe 1:2 Niederlage gegen den späteren Turniersieger DAC Dunjaska Streda ein 1:0-Sieg gegen MFK Vitkovice. Weil das Team von U15-Trainer Carsten Cullmann im letzten Gruppenspiel gegen Gornik Zabrze verlor, schied die U15 nach der der Gruppenphase aus. Trotz des knapp verpassten Einzugs in die Endrunde der besten vier Teams gab es für den FC-Nachwuchs am Samstagnachmittag ein Highlight. Weltmeister und FC-Legende Lukas Podolski war zu Besuch bei dem Turnier, um das Duell zwischen der U15 seines aktuellen Vereins Gornik Zabrze, bei der sein Sohn Luis spielt, und der FC-U15 anzuschauen. Nach dem Turnier machte der ehemalige deutsche Nationalspieler Fotos mit den FC-Nachwuchsspielern. Am zweiten Tag des Turniers gewannen die Jungböcke gegen den FC Augsburg und erneut gegen Vitkovice, sodass sie das Turnier auf dem fünften Platz beendeten, wobei das bildende Rahmenprogramm und die gesammelten Eindrücke während der Reise weitaus bedeutender waren als das sportliche Abschneiden.

Ein besonderer Dank gilt Gerald Prell von der Deutsch-Tschechischen Fußballschule, der diese internationale Fußballbildungsreise maßgeblich koordiniert und den FC-Reisetross während des viertägigen Aufenthalts in Tschechien begleitet hat – ohne Wünsche offenzulassen. Nicht möglich gewesen, wäre die Reise ohne die Förderung des Deutsch-Tschechischen Zukunftfonds. 

Erstellt von Moritz Zinken