Feiersinger: La Kölsche Vita
In jungen Jahren ist sie für den Fußball zu Hause ausgezogen. Sie wurde Österreichs Fußballerin des Jahres und gewann in Italien das Double. Seit dem Sommer spielt Laura Feiersinger für den FC – auch wegen des Gefühls.
Als Laura Feiersinger im Sommer 2024 zu den FC-Frauen wechselte, hatte der 1. FC Köln nicht nur eine sportlich sehr erfolgreiche Fußballerin verpflichtet, sondern auch eine mit viel Erfahrung und einem hohen Glamour-Faktor. Losgeeist von keinem geringeren Club als dem schillernden AS Rom, aktueller italienischer Meister und Pokalsieger. Zwei Titel holte Feiersinger mit den Römerinnen in der vergangenen Saison. Dennoch tauschte die 31-jährige österreichische Nationalspielerin La Dolce Vita gegen La Kölsche Vita. Doch warum, wo doch der FC aktuell keine Titeljagden bieten kann. „Für mich war bei einem Vereinswechsel immer sehr wichtig, was mir der neue Club für ein Gefühl gibt – und ich hatte hier von Anfang an ein super Gefühl. Der FC ist familiär und ich habe 2012 meinen ersten großen Titel im DFB-Pokalfinale in Köln gewonnen. Deswegen war Köln immer etwas ganz Besonderes für mich“, sagt Feiersinger. „Titel zu gewinnen ist etwas Unvergessliches, aber eben auch nicht alles. Es gibt genug andere Pluspunkte, bei denen sich die FC-Frauen nicht vor dem AS Rom zu verstecken brauchen.“
Feiersinger fühlt sich wohl in ihrer neuen Heimat und sie schätzt den Zusammenhalt in der Mannschaft und im gesamten Club. Füreinander da zu sein, in guten und in schwierigen Phasen. „Wir reden viel miteinander. Das ist etwas, das mir in Rom gefehlt hat, da war man ziemlich für sich“, erklärt Feiersinger. „Aber ich hatte mich 2023 bewusst für Italien entschieden. Ich hatte Lust auf ein neues Abenteuer und wollte raus aus der Komfortzone. Ich wollte mich mit einem neuen Land und mit einer neuen Sprache auseinandersetzen.“ Ein Jahr baggerte die AS Rom an Feiersinger, die noch Vertrag bei Eintracht Frankfurt hatte, dann wechselte sie nach Italien. Sportlich hätte es kaum erfolgreicher laufen können: Sie holte mit Rom das Double aus Meisterschaft und Pokal. Doch wie feiern die fußballbegeisterten Tifosi eine Meisterschaft im Frauenfußball? Kilometerlange hupende Autokorsos in einer Nacht, die niemals endet? Italienische Musik und eine Party, die das Kolosseum ins Wanken bringt? „Nein. Da war ich, ehrlich gesagt, ein bisschen enttäuscht“, erzählt Feiersinger. „Ich war zuvor noch nie in einem Verein, in dem ein Titel so wenig gefeiert wurde. Es schien so, als wenn die Meisterschaft selbstverständlich wäre. Das habe ich ein bisschen schade gefunden.“
Feiersinger schätzte die Erfolge und die Erfahrungen, die sie in Rom machen durfte. „Fußballerisch war es eine andere Welt als in Deutschland, ein komplett anderer Fußball – ein bisschen freier und spielerischer. Verteidigen machen sie in Italien nicht so gerne, dort ist es eher so ein bisschen Harakiri und mit sehr viel Risiko verbunden.“ 37 Pflichtspiele absolvierte sie in einer Saison für die AS Rom, inklusive der italienischen Pokale und der Champions League. In der Königsklasse traf sie mit ihrem Team auf die Topclubs FC Bayern München, Paris Saint-Germain und Ajax Amsterdam. „Die Bundesliga habe ich aber in dem Jahr vermisst“, erklärt Feiersinger. „Man hätte erwarten können, dass bei einem internationalen Club wie der AS Rom viele Englisch sprechen können. Aber das war nicht so. Ich wurde in Rom super aufgenommen, habe versucht, mir schnell die italienischen Fußballbegriffe anzueignen, aber für jemanden, der auf dem Platz gerne viel spricht, war das schon eine Umstellung.“
Interview unter Flutlicht
Es kam die Anfrage des 1. FC Köln und Feiersinger entschied sich für eine Rückkehr nach Deutschland und für eine neue spannende Aufgabe. Aufregend war bereits der erste Tag: Der Flieger von Rom nach Köln hatte über drei Stunden Verspätung, das erste Interview mit ihr nach ihrer Unterschrift, das in der Abendsonne im Grüngürtel geführt werden sollte, fand kurzerhand im Flutlichtschein im Mittelkreis des Franz-Kremer-Stadions statt. Auf einem bewässerten Rasen, weil die FC-Greenkeeper mit so einer späten Nutzung des Platzes nicht rechnen konnten und die Rasensprenger automatisiert eingestellt waren. Feiersinger, die auch an anstrengenden Tagen immer ein Lächeln auf den Lippen hat, störte das nicht. Ganz im Gegenteil, sie fühlte sich von Anfang an willkommen in ihrem neuen Club und nahm sich Zeit für jede Frage, auch wenn es von der Uhrzeit her schon fast auf Mitternacht zuging. Dankbar dafür, dass sie in Deutschland das fortsetzen kann, was ihr die größte Freude bereitet: Fußball spielen.Das Fußball-Gen hat Laura Feiersinger von ihrem Vater Wolfgang Feiersinger geerbt, der 46 Mal für die Nationalmannschaft Österreichs auflief und zwischen 1996 und 2000 bei Borussia Dortmund spielte. Doch anfangs interessierte sich Laura Feiersinger, die im österreichischen Saalfelden am Steinernen Meer geboren wurde, für verschiedene Sportarten. „Ich habe früher schon jeden Tag Sport gemacht, im Winter Langlauf und Biathlon und im Sommer alles mögliche“, erzählt sie. Ihr großes Fußballidol damals war England-Legende David Beckham. Real Madrid absolvierte im Jahr 2005 mit David Beckham ein Trainingslager in der Steiermark. Feiersinger, ihre Schwester und zwei Freunde hatten zu der Zeit eine lebensgroße Pappfigur des englischen Freistoßgotts. Mit der Pappfigur in den Händen fingen sie Beckham im Trainingslager ab und ließen ihn darauf unterschreiben. Ein Foto davon landete schließlich in der Zeitschrift Bravo Sport. „Wir haben die Pappfigur ein Jahr später nochmal mit zum Trainingslager genommen, da hat sie aber den Regen leider nicht mehr überstanden“, erzählt Feiersinger lachend.
Nach ihrer Zeit in Österreich entschied sich Feiersinger 2010 für das erste große Fußballabenteuer: Mit 17 Jahren zog sie von zu Hause aus und wechselte nach Deutschland zum Herforder SV, der damals in die Bundesliga aufgestiegen war. „Ich war zum Glück nicht ganz allein, sondern mit Verena Hanshaw ist eine gute Freundin von mir mit nach Herford gegangen“, erinnert sich Feiersinger. „Wir haben dann zusammen bei einer Gastfamilie gewohnt und sind dort ganz normal in die Schule gegangen. Wir waren beide das erste Mal recht weit von der Heimat weg und mussten uns in einem neuen Schulsystem zurechtfinden. Das erste Jahr war schon extrem hart, würde ich sagen. Wenn man das erste Jahr bei seiner ersten Auslandsstation überstanden hat, geht es bergauf. Aber ich bin damals vielleicht auch etwas naiv an das Ganze herangegangen. Deutschland hatte zu dieser Zeit die stärkste Liga der Welt und ich wollte da unbedingt hin. Ich wusste nicht so recht, was mich erwartet und hatte das fußballerische Vertrauen, dass es gut wird. Der Fußball hat auch Spaß gemacht, wir hatten eine Mannschaft mit tollen Mitspielerinnen, die auf uns junge Mädels geachtet und uns unterstützt haben.“ Auf dem Platz brauchte Feiersinger keine Eingewöhnung, da war sie in ihrem Element. Mit sieben Toren war sie in ihrer ersten Bundesligasaison die beste Torschützin des Herforder SV.
Bayern München wird aufmerksam
Der FC Bayern München wurde auf das österreichische Talent aufmerksam und verpflichtete sie zur Saison 2011/12. Der Wechsel hatte einen besonderen Vorteil für Feiersinger: Sie konnte wieder in ihrer Heimat wohnen, 150 Kilometer entfernt von München. „Ich hatte mich entschlossen, in Österreich die Schule zu Ende zu machen, also meine Matura, und dann bin ich fünfmal die Woche die 1,5 Stunden zum Training und zurückgefahren. Eine Mitspielerin von mir kam aus der Nähe, sodass wir uns etwas abwechseln konnten“, sagt Feiersinger. Fünf Jahre spielte sie für die Bayern, holte dort zwei Meisterschaften und einen Pokalsieg. Zudem wurde sie 2012 zu Österreichs Fußballerin des Jahres gekürt. Feiersinger erlebte eine sehr erfolgreiche Zeit in München, die aber auch von einer schweren Verletzung geprägt war. 2014 zog sich die damals 20-Jährige einen Schien- und Wadenbeinbruch zu. Feiersinger kämpfte sich zurück, musste sich aber nach ihrem Comeback erst einmal mit weniger Spielzeit begnügen. Deshalb entschied sie sich für einen Wechsel zum SC Sand. „Manche haben das damals als Rückschritt empfunden, aber für mich war es genau das Richtige. Ich habe dort meinen Spaß am Fußball wiedergefunden. Für mich war der SC eine Mannschaft mit den professionellsten Spielerinnen, in der ich jemals gespielt hatte. Jovana Damnjanović und Nina Burger waren zum Beispiel zu der Zeit dort. Der SC Sand hatte nicht die besten Rahmenbedingungen, also mussten wir umso professioneller sein, um in der Bundesliga erfolgreich zu sein.“
Das ganze Porträt über Laura Feiersinger lest Ihr in der aktuellen Ausgabe des GeißbockEchos (Nr. 2, Saison 2024/25). Gedruckt und hier im geschlossenen Mitgliederbereich digital verfügbar.