Luca Kilian: Stärker zurückkommen
Luca Kilian verletzt sich im März schwer: Kreuzbandriss. Doch statt in ein mentales Loch zu fallen, schaltet er sofort in den Angriffsmodus. Sein klares Ziel: Noch stärker zurückkommen.
Luca Kilian hat die Bilder auch knapp vier Monate später noch genau im Kopf. Es läuft das Training der Profis des 1. FC Köln, nach einem langen Ball über ihn, dreht sich der Innenverteidiger und wird von einem Mitspieler am Knie erwischt. An ein Schnapp-Geräusch erinnert er sich. „Ich wusste sofort, dass auf jeden Fall etwas im Knie kaputt ist“, blickt Kilian zurück. Die Hoffnungen, dass es sich nicht um einen Kreuzbandriss handelt, sind nach den Untersuchungen dahin. Eine Diagnose, die viele Monate Pause bedeutet.
Es ist eine Verletzung, nach der viele Sportler in ein mentales Loch fallen. Deshalb wollte ihn Geschäftsführer Christian Keller am Tag danach im Physioraum besuchen und ihn aufmuntern. Doch was er von Kilian sah, überraschte ihn. „Luca war in diesem Moment schon wieder voll im Angriffsmodus. Es war beeindruckend, wie schnell er seinen Blick bereits wieder nach vorne gerichtet hatte.“
Auch einige Monate später, beim Interviewtermin mit dem GeißbockEcho, wirkt Kilian alles andere als niedergeschlagen. In der neuen Trainingshalle der FC-Profis macht er Späße mit Leif Frach, dem Reha- und Athletiktrainer des FC. Er trifft zum ersten Mal auf den neuen Co-Trainer Bernd Eibler, der in Richtung des Innenverteidigers bezüglich seiner Statur sagt: „Du bist ein schöner Schrank.“ Kilian war zuvor selten am Geißbockheim. „Ich bin gerne bei der Mannschaft, in der Rehazeit hat es mir aber gutgetan, einmal alleine für mich zu sein und ein bisschen Abstand zu gewinnen“, sagt er. Selbst im Urlaub hat er in einer eigenen Trainingsgruppe trainiert, in der unter anderem auch Dortmunds Torhüter Alexander Meyer dabei war. Es habe geholfen, nicht immer in der gleichen Blase zu sein, sondern sich voll auf das eigene Comeback zu fokussieren.
Ende Juli ist Kilian im Reha-Prozess voll im Zeitplan. „Ich fühle mich gut und dem Knie geht es gut“, sagt er. In der Zeit bis dahin waren es viele kleine Fortschritte, die die Laune oben gehalten haben. Zwei Wochen nach der Operation ging es los mit ersten Übungen im Kraftraum. Es wurde viel gemacht, um das Knie wieder in die Streckung zu bekommen und Beweglichkeit zurückzugewinnen. Nach vier Wochen folgte der nächste Schritt mit dem Fahrradfahren. „Das Training wird intensiviert, das Knie immer weiter im Winkel bewegt. Inzwischen habe ich hierbei gar keine Einschränkungen mehr“, erzählt der FC-Profi.
Kleine Ziele auf dem Weg zum Comeback
Er hat aktuell noch nicht das Bild im Kopf, wie er am Ende der Leidenszeit wieder auf dem Platz steht. Es sind vielmehr kleine Ziele, die er sich auf dem Weg dorthin setzt. Jedes Grad, das er sein Knie weiter strecken konnte, war ein Erfolg. Als sich der hintere Oberschenkel, wo die Sehne für das Kreuzband entnommen wurde, wieder gut anfühlte – der nächste Erfolg. „Das sind Steps, die sich super anfühlen. Als ich das erste Mal wieder laufen konnte – ein richtig gutes Gefühl“, so Kilian. Er arbeitet Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Mal kommen die Fortschritte schneller, mal dauern sie länger. „Man muss dem Ganzen Zeit geben und darf nicht ungeduldig werden“, sagt Kilian.
Nicht ganz einfach für den Verteidiger, der sich selbst als „hibbeligen Typ, der immer etwas machen will“ beschreibt. Doch die Verletzung hat ihn in diesem Punkt etwas verändert. „Der Kreuzbandriss hat mich ruhiger werden lassen und mir gezeigt, dass ich diese Geduld brauche. Es ist wichtig, zu reflektieren und die Situation realistisch einzuschätzen.“ In der Persönlichkeitsentwicklung habe er einen großen Schritt gemacht in der schwierigen Zeit, findet Kilian: „Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich so viel Positives aus so einer Verletzung ziehen kann, wie ich es bisher geschafft habe.“
Eine Chance in der schwierigen Situation
Auch Kilian hat gute und weniger gute Tage – aber wirklich gezweifelt habe er nie. Im Gegenteil: Er sieht in der Situation sogar eine Chance. „Ich möchte mich so fit machen, dass ich in einer Form zurückkomme, in der ich noch nie war. Das ist mein großes Ziel, dem ordne ich alles unter.“
Kilian erlebte in seiner Karriere bereits Rückschläge. In Paderborn fehlte er einmal sechs Monate nach einem Sehnenabriss im hinteren Oberschenkel. Er hatte Muskelbündelrisse, die ihn zwei, drei Monate zum Zuschauen zwangen. Auch sportlich gab es Höhen und Tiefen. Mit dem BVB wurde er Deutscher A-Jugend-Meister. In Paderborn und Mainz schaffte er den Sprung in die Bundesliga. Es ging lange nur bergauf für den ehemaligen Junioren-Nationalspieler – bis er in Mainz plötzlich nicht mehr spielte. Rückblickend die schwerste Zeit seiner bisherigen Karriere, wie er sagt.
Es folgte die Leihe nach Köln, der Spaß am Fußball kam zurück, er spielte als Stammspieler mit dem FC international. Dann folgte eine Verletzung und Kilian verlor seinen Stammplatz an Jeff Chabot. In der vergangenen Saison war er oft dran und musste sich doch meist hinter dem Duo Hübers/Chabot einreihen. Kurz vor dem Kreuzbandriss war er ganz nah an der Startelf. Dann der Rückschlag. „Für eine Verletzung gibt es keinen guten Zeitpunkt. Ich habe mir gesagt, ich kann bis zur OP schlecht drauf sein, ab dann wird alles für das Comeback getan“, so Kilian. Er weiß: „Es gibt keine Alternative zum Optimismus. Ich könnte mich auch selbst bemitleiden. Aber dafür bin ich nicht der Typ. Ich will anpacken und besser werden. Ich kann die Zeit jetzt nutzen, um in einzelnen Bereichen zu arbeiten, an denen man im Alltag nicht arbeitet.“ Christian Keller ist überzeugt: „Wenn Luca mit dieser Haltung weitermacht, wird er gestärkt zurückkommen.
Unter Druck setzt sich Kilian auf dem Weg zum Comeback nicht. „Ich will am Ende auf dem Platz stehen und mir keine Sorgen mehr um mein Knie machen. Ob es einen Monat länger oder kürzer dauert, ist für mich zweitrangig“, sagt er. Auf dem Weg zurück auf den Platz wird er eng von der medizinischen Abteilung des FC begleitet. Mannschaftsarzt Dr. Peter Schäferhoff ist einer der anerkanntesten Kniespezialisten in Deutschland und hat die OP durchgeführt. „Wir haben ein Top-Physiotherapie-Team mit Christian Osebold, Marvin Kreuzwieser, Daniel Schütz und Matti Forkel bei uns“, sagt FC-Geschäftsführer Christian Keller. Eine Kooperation mit PhysioSport PACE eröffnet weitere Möglichkeiten. Das war vor allem in Zeiten wichtig, als es die neue Trainingshalle am Geißbockheim noch nicht gab. „Mit der neuen Halle können wir inzwischen selbst vieles vor Ort am Geißbockheim machen“, sagt Keller und lobt in diesen Zusammenhang die Arbeit von Reha-Trainer Leif Frach. „Von den Mannschaftsärzten über die Physiotherapeuten bis hin zum Reha-Trainer wird bei uns Hand in Hand gearbeitet für eine schnellstmögliche Rückkehr eines verletzten Spielers ins Mannschaftstraining“, so Keller. „Es fehlt organisatorisch und funktional nichts. Es liegt einzig am Spieler, ob er die Möglichkeiten ausreichend nutzt. Es freut mich sehr, dass das bei Luca der Fall ist.“
Hinter Kilian und dem FC liegt ein schwieriges Jahr. Den Abstieg musste er von draußen verfolgen, konnte am Ende selbst nicht mehr eingreifen. Es hat ihn mitgenommen. „Der Verein hat inzwischen einen besonderen Stellenwert in meinem Leben“, macht er keinen Hehl aus seinem Bezug zum FC. „Wir verletzte Spieler haben versucht, die Jungs so gut es geht zu unterstützen und noch einmal an allen Stellschrauben zu drehen. Wir haben mitgefiebert, aber am Ende hat es leider nicht gereicht. Das hat sehr wehgetan.“ Man kann hinfallen, das hat Kilian nicht erst durch den Kreuzbandriss gelernt. Wichtig ist nur, dass man wieder aufsteht. „Wir haben uns alle zur Mission gemacht, diesen geilen Verein wieder so schnell wie möglich dahin zu bringen, wo er hingehört“, sagt er. Stärker zurückkommen – es ist in der Saison 2024/25 das Motto für Luca Kilian und den 1. FC Köln.
Der Text über Luca Kilian ist zuerst im GeißbockEcho - Ausgabe 1 der Saison 2024/25 erschienen. Mehr Hintergrundgeschichten zum FC findet Ihr im gedruckten Magazin und in der Onlineausgabe im geschlossenen Mitgliederbereich.