Podolski: „Immer ein Stück Heimat“
Es war ein spezieller Abend an diesem 10.10.2024. In einem ausverkauften RheinEnergieSTADION sagte Lukas Podolski dort Danke, wo er seine ersten Schritte im Profifußball gemacht hat. Es war ein ganz besonderer Tag für ihn, dort noch einmal zu spielen, wo alles begonnen hat. Das wird auch im Rückblick-Interview deutlich.
Lukas, was löst das in Dir aus, wenn du daran denkst, dass an einem Donnerstagabend fast 50.000 Fans nur für Dich ins RheinEnergieSTADION gekommen sind?
Lukas Podolski: Ich bin immer noch überwältigt. Obwohl sich die Wege irgendwann getrennt haben und ich bei verschiedenen Vereinen und auf anderen Kontinenten gespielt habe, war der FC immer ein Teil von mir und ich habe immer versucht, den Kontakt zu den Fans beizubehalten. Neben den vielen schönen Momenten gehören aber auch die Niederlagen und Abstiege dazu. Vielleicht ist dadurch meine Bindung zum Verein noch stärker. Ich bin ein Junge von der Straße, habe hier meine gesamte Kindheit und Jugend verbracht. Dass ich mich so von den Fans verabschieden konnte, macht mich sehr stolz. Es war ein superschöner Abend.
Gab es an diesem Abend einen besonders emotionalen Moment für Dich?
Diesen einen Moment gab es nicht, weil ich die ganze Zeit versucht habe, alles aufzusaugen und mitzunehmen. Schon während der Anreise und erst recht im Stadion selbst kommen so viele Erinnerungen hoch, von meinem ersten Spiel gegen Hamburg, meinem ersten Tor vor der Südkurve und allgemein dem Stadion, der Kabine und allem Drumherum. Das sind so viele Emotionen, die auch ganz wichtig für mich sind.
Du standest zusammen mit Deinem Sohn auf dem Platz. Was war das für ein Gefühl, mit ihm in diesem Stadion zu spielen?
Das sind Momente, an die ich mich immer erinnern werde. Er verbindet mit dem FC auch sehr viel und ist mit dem Verein groß geworden. Wenn er zuhause rumläuft, mit Freunden rausgeht, oder im Sommer in die Schule geht, hat er sehr oft ein Köln-Trikot an. Meine ganze Familie fiebert mit, wenn der FC spielt und meine Eltern und meine Schwester sind bei fast jedem Heimspiel im Stadion dabei. Daher ist es natürlich besonders für mich, dass wir nochmal zusammenspielen konnten, und dass wir beide auf ähnlichem Niveau kicken können. Es war mir immer wichtig, mich in einem Alter zu verabschieden, wo ich noch gesund bin und nicht über den Platz getragen werden muss (schmunzelt).
Hat Dein Sohn das Talent von Dir geerbt?
Talent hat er. Aber er muss jetzt seinen eigenen Weg finden. Es braucht den Ehrgeiz, die Motivation und die Power, durchzuziehen. Er ist jetzt in einem Alter, wo er sich entscheiden muss, in welche Richtung er gehen will. Wir machen ihm da keinen Druck. Das Wichtigste ist, dass er die Freude am Fußball behält. Er wird seinen Weg gehen und wir schauen, was die Zukunft bringt.
Besonders emotional warst Du beim Gang in die Südkurve. Woher kommt dieser besondere Bezug zur Kurve und der aktiven Fanszene?
Es ist kein Geheimnis, dass ich zu den Ultras immer ein gutes Verhältnis hatte. Ich stand früher selbst in der Kurve, damals noch im alten Stadion, habe nach dem Spiel Pfandbecher gesammelt und übrig gebliebene Tickets verkauft, wie das damals noch üblich war. Und auch nach Beginn meiner Profikarriere bin ich immer ein Junge der Kurve geblieben. Diese Beziehung werde ich auch nie leugnen, denn die Südkurve war, ist und wird immer ein Teil von mir sein. Wenn du dann auf die Kurve zugehst und du diese rot-weiße Wand siehst, dann spürt man diese Verbindung und da kommen dann auch Emotionen hoch. Das sind einfach die schönen Momente im Leben, die ich versuche, aufzusaugen.
Du bist nicht nur ein Kind der Südkurve, sondern auch eines der deutschen Nationalmannschaft. Was hat es Dir bedeutet, dass auch Deine alten Teamkollegen, Oliver Bierhoff, Hansi Flick und Jogi Löw dabei waren?
Für mich war es immer ein Highlight, für Deutschland zu spielen. Wenn man auf der Straße groß wird, aus Polen kommt, und es dann bis nach oben schafft, ist es umso spezieller, für die Nationalmannschaft nominiert zu werden. Über all die Zeit zu den besten 23 Spielern Deutschlands zu gehören – darauf bin ich sehr stolz, denn das haben nicht viele geschafft. In einer Liste mit Namen wie Matthäus, Klinsmann und Klose zu stehen ist schon verrückt. Es hat mir viel bedeutet, dass einige Wegbegleiter vom DFB zum Spiel gekommen sind und es war schön, alle mal wieder zu sehen. Wir haben über alte Nationalmannschaftszeiten gequatscht, über schöne und lustige Momente, das macht das Leben auch aus: Spaß zu haben, über Sachen zu lachen und nie den Humor zu verlieren.
Jogi Löw hat sich nach dem Spiel sehr wertschätzend über Dich geäußert. Wie würdest du die Beziehung zu ihm beschreiben?
Wenn man mit einem Trainer so lange zusammenarbeitet, dann ist das natürlich etwas sehr Spezielles. Im Vereinsfußball ist das Geschäft sehr schnelllebig, deswegen ist es sehr besonders, über zehn Jahre unter dem gleichen Trainer zu spielen. Er hat mir viel beigebracht, sowohl auf taktischer, als auch privater Ebene. Und natürlich hat uns alle diese erfolgreiche Zeit miteinander verbunden.
Du hast bei Deinem Danke-Spiel auch Zabrze und Köln, also, wenn man so will, Polen und Deutschland zusammengeführt. Was bedeutet der Begriff „Heimat” für dich?
Heimat ist für mich ein Ort, an dem man sich wohlfühlt und wo man gerne Zeit verbringt. Daher sind für mich sowohl Zabrze als auch Köln Heimat. In beiden Städten bin ich groß geworden und habe Teile meiner Kindheit verbracht. Auch der FC wird für mich immer Heimat sein. Wenn ich vor allem an die Anfangszeit denke, wie mir der Verein mit der Sprache, Organisatorischem und vielem weiteren geholfen hat, sowas vergisst man nicht. Und da gehören alle dazu. Seien es Trainer, Mitspieler oder Mitarbeiter, die sich im Büro den Arsch aufreißen. Der FC ist wie eine Familie. Daher ist auch der Verein immer Heimat gewesen.
Du hast es immer wieder betont und man hat auch jetzt gesehen, wie viel Spaß Dir der Fußball immer noch macht. Was hat der Fußball Dir und deinem Leben gegeben?
Alles. Ich bin quasi mit Ball geboren worden und Fußball war für mich in erster Linie immer Spaß. Egal ob auf der Straße, auf dem Bolzplatz oder später als Profi. Es war für mich immer mehr als Sieg und Niederlage. Trotzdem war ich motiviert und ehrgeizig, Spiele zu gewinnen. Außerdem habe ich durch den Fußball unglaublich viele Leute kennengelernt, Herkunft spielte dabei nie eine Rolle. Ich bin unfassbar stolz auf meine Karriere und wo ich überall gespielt habe. Dabei habe ich nie vergessen, wo ich angefangen habe. Fußball war und ist alles für mich und ich bin sehr glücklich, mit meinen 39 Jahren immer noch spielen zu können.
Das Interview mit Lukas Podolski ist zunächst im GeißbockEcho (Ausgabe 2, Saison 2024/25) erschienen. Mehr Hintergrundstorys zum FC findet Ihr in der gedruckten Ausgabe und hier im geschlossenen Mitgliederbereich.