Wiedersehen mit damaligem Top-Talent
Yannick Gerhardt, Mitchell Weiser und Fabian Schnellhardt. Diese Namen kennen Fans der Bundesliga. Alle drei Jungs spielen in der Beletage des deutschen Fußballs. Was vielleicht nicht jeder Fan weiß: Die Namen Gerhardt, Weiser und Schnellhardt liest man auch auf einem Spielbogen des Endrunden-Halbfinals um die B-Junioren-Meisterschaft 2011. Ein Spiel, dessen Ergebnis zum Finaleinzug und nach 1990 zum damals erst zweiten Gewinn des B-Junioren-Titels für den 1. FC Köln führte.
Es läuft die 19. Spielminute. Kölns Nummer zehn, Linksfuß, braune Haare, Justin-Bieber-Haarschnitt, bekommt auf der linken Seite den Ball zugespielt. Fabian Schnellhardt lässt seinen Gegner mit einem Haken ins Leere laufen, zieht nach innen und trifft nach einem satten Linksschuss aus gut 20 Metern zum viel umjubelten 1:0 gegen Hoffenheims Nachwuchs. „Das war ein ganz besonderes Jahr mit einem herausragenden Jahrgang beim FC. Dirk Lottner war am Anfang der Saison noch unser U17-Trainer und hat gesagt, dass wir in dieser Saison Meister werden“, erinnert sich Fabian Schnellhardt an die B-Junioren-Meisterschaftssaison zurück. Das gelingt dem 94er-Jahrgang nach dem ebenfalls knappen 3:2-Finalsieg über Werder Bremen am Ende der Saison auch. Unvergessen als Lukas Scepanik im Endspiel den Ball zum 3:2 in der Verlängerung aus über 30 Metern in den Winkel zimmerte.
Die zwei weiteren FC-Tore beim spannenden 3:2-Halbfinalerfolg über Hoffenheim erzielte ein gewisser Yannick Gerhardt nach Vorlage von Mitchell Weiser, der später zum FC Bayern München wechselte, und dem Wirbelwind Fabian Schnellhardt. „Wir waren eine gute Mannschaft und haben uns super verstanden, zu vielen hat sich der Kontakt leider etwas verlaufen. Mit unserem damaligen Stürmer und jetzigem FC-Scout Marco Ban habe ich immer mal wieder Kontakt. Auch Mitch und Yannick läuft man natürlich über den Weg und spricht dann.“
Die Vorlage zum entscheidenden dritten Tor gegen Hoffenheims U17 von Yannick Gerhardt machte Schnellhardt übrigens per Freistoß. Eine Qualität des FC-Eigengewächses, die den B-Junioren über den Saisonverlauf häufiger wichtige Punktgewinne einbrachte. Vier direkte Freistoßtore verwandelte der Offensivspieler in der Spielzeit 2010/2011. Insgesamt erzielte Schnellhardt 16 Tore und sammelte zehn Vorlagen. Ein Talent, dass auch den Verantwortlichen der FC-Profis und beim DFB nicht unentdeckt blieb. Am 6. Spieltag der Zweitliga-Saison 2013/2014 gab Fabian Schnellhardt nach Einwechslung für Matthias Lehman sein Profidebüt. Bei diesen vier Minuten Profiluft sollte es – zumindest im Trikot des 1. FC Köln – aber bleiben.
Mittlerweile spielt Fabian Schnellhardt bei SV Darmstadt 98, dem nächsten Gegner der FC-Profis am Freitagabend. Neben ihm läuft mit Jannik Müller ein weiteres Eigengewächs des 1. FC Köln aus dem Meisterjahr 2011 bei Darmstadt auf. Auch Marcel Schuhen, der einst als FC-Nachwuchstorhüter per Abstoß das Tor des Monats erzielte, wurde beim 1. FC Köln ausgebildet. „Schuhi hat mir vor kurzem noch ein Bild von uns beiden aus unserer gemeinsamen FC-Zeit gezeigt. Ach du scheiße sind wir alt, habe ich da nur zu ihm gesagt“, erzählt Schnellhardt lachend. Marcel Schuhen, der seit 2019 bei den Lilien spielt, habe ihm und Jannik Müller bei der Eingewöhnung als bekanntes Gesicht total geholfen. „Natürlich haben wir den FC noch im Blick und schauen auf die Ergebnisse, so geht es mir aber mit jedem meiner Ex-Vereine.“
Dass die drei zusammen in der Bundesliga auf dem Platz stehen war zu manchen Phasen von Fabians Karriere nicht immer klar. „Nach meiner langen FC-Zeit bin ich zu Duisburg gegangen und da kam mir in meiner ersten Drittliga-Saison häufiger die Frage, ob es für ganz oben reicht oder ich mir ligentechnisch eingestehen muss, dass es das war. Die Leihe zu Kiel war damals die goldrichtige Entscheidung für meine Karriere.“ Als Rotationsspieler beim MSV ließ Schnellhardt sich 2015 zu Ligakonkurrent Holstein Kiel ausleihen und wurde auf Anhieb Stammspieler. Nach dem Ausflug in den hohen Norden erkämpfte sich das FC-Eigengewächs diesen Status auch bei den Zebras und stieg 2017 in die 2. Bundesliga auf. Nach zwei Zweitliga-Saisons und als unangefochtener Stammspieler verließ Schnellhardt im Sommer 2019 den MSV und zog weiter nach Darmstadt. Dort stieg er diesen Sommer gemeinsam mit Schuhen und Müller in die Bundesliga auf. „Ich würde schon sagen, dass ich hier total angekommen bin. Am liebsten würde ich hier für den Rest meiner Karriere bleiben. Aber auch bei Duisburg, Kiel und beim FC habe ich mich immer super wohlgefühlt. Ich bin ein Spieler, der am Ende seiner Vita nicht 20 Vereine stehen haben möchte.“
Extern prophezeiten dem Zauberfuß damals viele den frühen Durchbruch. Auf die Frage, warum es beim FC als Juniorennationalspieler und großes Talent nicht zu mehr als einem Profieinsatz mit dem Geißbock auf dem Trikot gereicht hat, antwortet er: „Vielleicht waren es gerade diese Vorschusslorbeeren, auf denen ich mich ausgeruht habe. Mir hat damals als junger Spieler vielleicht etwas der Fokus gefehlt.“
„Mein Debüt beim FC werde ich aber nie vergessen. Ich weiß noch, dass ich beim Spielstand von 4:0 für uns im Heimspiel gegen Aue eingewechselt wurde. Es waren 40 bis 50 Tausend da, natürlich war ich aufgeregt. Bei fünf Minuten Restspielzeit und der hohen Führung konnte ich aber auch nicht mehr viel verkacken“, erzählt er lachend. „Das war eine geile Zeit beim FC, ich bin dem Verein unfassbar dankbar.“
Am Freitagabend trifft er auf eben diesen FC in der Bundesliga. „Es ist immer etwas Besonderes gegen Ex-Vereine zu spielen, vor allem gegen seinen Jugendverein, bei dem man auch sein Profidebüt gefeiert hat. Schenken werde ich dem FC aber nichts, die Punkte sollen hier bei uns bleiben“, zeigt sich Fabian Schnellhardt bereit für das Eröffnungsspiel des 13. Spieltags. Fügt aber auch schnell hinzu: „Ich wünsche dem FC aber natürlich jeden Erfolg und, dass wir mit Darmstadt und ihr beim FC gemeinsam die Klasse halten.“
Erstellt von Moritz Zinken