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Ruthenbeck: „Wollen international überwintern”

21.10.2025

Die Youth League startet! Am Mittwochabend (18.30 Uhr, Liveticker bei fc.de) ist die U19 des 1. FC Köln zu Gast bei Racing Union in Luxemburg. Vor dem ersten Spiel spricht Trainer Stefan Ruthenbeck im Interview über seine Mannschaft, Fokus, Ziele und die Bedeutung der Youth League.

Stefan, der Start in die Youth League steht bevor. Nimmt das Kribbeln zu?

Stefan Ruthenbeck: Bis zum Wochenende war es gefühlt immer noch ein bisschen weit weg. Klar freuen wir uns alle riesig auf die Youth League, hatten am Wochenende aber zunächst noch das Spiel in der DFB-Nachwuchsliga gegen den MSV Duisburg zu bestreiten und darauf lag der Fokus. Der Youth-League-Start ist aber natürlich überall präsent, die Medien berichten über uns, wir sitzen hier zum Interview zusammen.

Ist es schwierig, den Fokus bei den beiden Ligaspielen an den Wochenenden davor und danach zu behalten?

Wir haben die Liga, sind auch im Pokal noch dabei. Es ist natürlich der Plan, dass wir den Fokus gleichermaßen auf alle Spiele legen können. Es gibt allerdings einige Beispiele aus der Vergangenheit, gerade im Profifußball, wo Mannschaften, die international dabei waren, in der Meisterschaft Probleme bekommen haben. Wir werden also Themen bekommen, die wir lösen müssen.

Ist der Kader breit genug für die Mehrfachbelastung?

Wir haben ein paar gute Jungs hinten dran, aber es darf nicht viel passieren, zumal wir auch drei Spieler für die U17-Weltmeisterschaft abstellen, die uns schon im Rückspiel fehlen werden. Das Turnier kann, je nachdem, wie weit die deutsche Mannschaft kommt, fast einen Monat gehen. Aber das ist doch auch das Spannende an der Aufgabe, dass es wieder etwas Neues ist, auch für mich. Wir sind noch in drei Wettbewerben und dürfen uns austoben. Das heißt, dass ein paar Spieler viele Minuten sammeln werden, dass aber auch Spieler Minuten bekommen werden, die aktuell vielleicht noch gar nicht damit rechnen.

Wie schätzt Du Eure bisherige Saison und die aktuelle Form ein?

Wir sind im Pokal souverän weitergekommen und haben in der Liga nur eine Niederlage in Düsseldorf kassiert, das Spiel musst du nicht verlieren. In Mainz haben wir in der 93. Minute das 2:2 kassiert. Wir haben bislang also eher Punkte liegengelassen als dass wir alles mitgenommen haben und sind Tabellenzweiter. Mit der Youth League kann es auch in der Liga vielleicht ein bisschen enger werden. Aber für die Entwicklung der Spieler ist es umso besser, wenn wir viele Spiele haben. Wir haben aktuell nur einen Langzeitverletzten, alle anderen sind gesund. Wir haben 25 Feldspieler und drei Torhüter im Training.

Was zeichnet die Mannschaft in dieser Saison aus?

Die Gruppe. Wir haben ein paar Jungs, die spannend sind, die sich aber noch zu Top-Individualisten entwickeln müssen. Aktuell steht das Team im Vordergrund. Wir müssen die Jungs in der Offensive so in Position kriegen, dass sie dann ihre Stärken einsetzen können. Es ist nicht so, dass einer zum Sechzehner kommt, acht Gegenspieler ausdribbelt und das Tor macht. Es muss in der Gruppe funktionieren.

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Es sind bis zu fünf U20-Spieler in der Youth League erlaubt, von denen am Spieltag drei eingesetzt werden dürfen. Wie wird sich die Mannschaft zusammensetzen, mit der Ihr antretet?

Wir schauen uns das gemeinsam an – Markus Halfmann, Evangelos Sbonias und ich. Wenn ein Spieler komplett im Spielbetrieb der U21 ist, dort seine Minuten bekommt und schon im Erwachsenenfußball integriert ist, muss man genau überlegen, ob es Sinn macht. Von vornherein zu sagen, wir nehmen auf jeden Fall am Spieltag alle drei möglichen U20-Spieler mit, würde keinen Sinn machen.

👉🏻 Lest hier: Das ist der Youth-League-Kader

Vergangene Saison war es ein besonderer Teamspirit, der in der Meisterschaft geendet hat. Konnte der Kern des vergangenen Jahres diesen Spirit in die neue Saison mitnehmen oder ist insbesondere im Nachwuchs jedes Jahr ein Neustart?

Im Nachwuchs ist es jedes Jahr wieder neu. Wenn ich die beiden Jahre vergleiche, dann hatten wir vergangene Saison zu diesem Zeitpunkt viele angeschlagene Spieler. Dieses Jahr haben wir fast alle dabei und wenig Verletzte. Wir können und müssen aber auch noch draufpacken, nur das Arbeiten ist ein anderes. Bei der diesjährigen Mannschaft ist es so: Wenn sie den Fokus darauf haben, worum es geht, dann sind sie gut. Sobald sie nachlässig und fahrlässig werden, verlieren sie auch einfache Spiele. Da müssen wir dranbleiben und immer wieder einfordern, den Fokus und die Konzentration zu haben.

Zurück zur Youth League: Euer Gegner kommt aus Luxemburg. Wie schätzt Du den luxemburgischen Nachwuchsfußball und insbesondere den Gegner ein?

Man sieht immer wieder, dass es diese kleinen Fußballnationen nicht mehr so gibt wie früher. Die DFB-U21 hatte es gegen Nordirland schwer, die Färöer Inseln punkten bei den Herren regelmäßig. Wir haben im unteren Bereich, also in der U15, U16, U17, auch immer wieder Duelle mit luxemburgischen Mannschaften und tun uns immer schwer. Im Nachwuchsbereich ist die Schere noch nicht so groß, die wird erst im Männerbereich ein bisschen größer. Mit einer guten taktischen und technischen Ausbildung sowie einer guten Mentalität kannst du immer einem Gegner wehtun, das haben wir vergangene Saison ja auch gezeigt auf dem Weg zur Meisterschaft. Und dann gibt es im Fußball immer viele Eventualitäten, deshalb müssen wir aufpassen. Trotzdem sage ich, dass wir der Favorit sind. Aber die Chancen sind sicher nicht 90:10, sondern viel enger. Wir sind leichter Favorit und müssen aufpassen, dürfen den Gegner nicht unterschätzen. Da kommt eine gute Mannschaft auf uns zu, die gut ausgebildet ist.

Wie bereitet Ihr Euch auf den Gegner vor? Ist es schwer, an Material und Informationen zu kommen?

Wir haben Videomaterial aus dem letzten Duell gegen Larne FC. Das hat unser Videoanalyst Seigo entsprechend analysiert und wir haben uns die Szenen angeschaut, um ein Gefühl für den Gegner zu bekommen. Wir stellen den Jungs den Gegner genauso vor wie vor einem Meisterschaftsspiel, zeigen ihnen, welche Räume es geben kann, auf was wir aufpassen müssen.

Mit welchem Motto soll die Mannschaft in die Youth League gehen?

Wir arbeiten bei den Jungs mit Zielvereinbarungen und haben uns ganz klar auf die Fahne geschrieben, dass wir in der Youth League überwintern wollen, dafür müssten wir zwei Runden überstehen. Wir sind ambitioniert und wären schon enttäuscht, wenn wir das nicht schaffen. Beim ersten Mal Youth League haben wir das nicht geschafft, hatten mit Genk eine Top-Mannschaft als Gegner. Der Gegner aus Luxemburg ist nun einen Tick mehr auf Augenhöhe, da wollen wir uns behaupten.

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Wie wertvoll sind für Dich die Youth League und der internationale Vergleich?

Das beziehe ich gar nicht auf das Spiel selbst, sondern viel mehr auf das ganze Drumherum. Wir werden die Champions-League-Hymne hören, wir reisen in ein anderes Land, haben internationale Schiedsrichter, es wird Englisch gesprochen. Die Abläufe sind so, wie es auf hohem internationalen Niveau ist. Es geht darum, die Gier zu entwickeln, davon mehr haben zu wollen. Dass die Spieler sagen: Das will ich nicht einmal oder zweimal, sondern immer wieder erleben. Es geht darum, das Mindset weiter so zu justieren, dass sie unbedingt Profi werden wollen. Es ist eine gute Plattform, um die Gier weiterzuentwickeln und den Jungs zu zeigen, wo sie einmal hinkommen können.

Du sprichst dieses besondere Feeling an. Wäre eine dafür eine weitere Tour sogar noch besser gewesen?

Die kurze Anfahrt nach Luxemburg ist ideal für unsere Fans und wir werden dort vierstellig vertreten sein. Ich gehe davon aus, dass wir in Luxemburg ein Heimspiel haben werden. Das wird ein tolles Erlebnis, wir haben eine Anfahrt von rund drei Stunden, eine Übernachtung und gute Abläufe. Ein Heimspiel in Luxemburg – das ist schon geil.

Eine ganz neue Aufmerksamkeit für viele Spieler.

Ich finde es sehr wertschätzend, was gerade im Umfeld passiert, und gebe das so auch an die Jungs weiter. Wir haben eine Verantwortung, den 1. FC Köln zu repräsentieren und ich möchte auch, dass ein bisschen Druck da ist, denn den gibt es später im Herrenfußball auch. Wir hoffen, dass die Jungs dem standhalten können. Es wird ein neues Terrain für sie, vor so vielen Zuschauern, fest in Kölner Hand. Ich bin selbst gespannt, wie sie damit zurechtkommen. Das werden Momente, in denen wir sehen können, wer schon ein bisschen weiter ist und wer noch nicht.

Für Dich als Trainer ist es die zweite Teilnahme an der Youth League. Wie blickst Du auf die letzte Teilnahme vor vier Jahren zurück?

Ich habe damals mitgenommen, dass wir in Deutschland Bedarf haben, uns in der Ausbildung noch weiterzuentwickeln. Wir sind damals durch das Trainingsgelände von Genk gelaufen und es hingen überall Bilder von Spielern, die in Genk ausgebildet wurden. Das war krass zu sehen. Belgien ist ein kleineres Land und keine so große Fußballnation wie wir. Wir dürfen uns da nicht in die Tasche lügen, sondern müssen die Dinge weiter verbessern. Das nehme ich hier beim FC auch genau so wahr, dass wir immer wieder überlegen, was wir tun können, damit es die Jungs nach oben schaffen. Da war uns Genk damals noch ein, zwei Schritte voraus. Das haben wir auch in den direkten Duellen gesehen.

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Inwiefern?

Der beste Spieler wurde im Hinspiel in der 70. Minute ausgewechselt. Wir haben uns gefragt, warum sie ihn runternehmen. Am Donnerstag hatten wir die Antwort, denn der Spieler wurde in der Euro League in der 70. Minute eingewechselt. Der Junge war gut, aber wir hatten auch den einen oder anderen Guten dabei. Da waren uns die Genker einen Tick voraus, dass sie die Jungs früher bringen, wenn sie davon überzeugt sind.

Hattest Du damals das Gefühl, dass diese Gier bei den Spielern entwickelt wurde, die Du vorhin mit Blick auf das aktuelle Team als Wunsch formuliert hast?

Ich hatte auf jeden Fall den Eindruck, dass das Spiel komplett angenommen wurde. Alle wollten weiterkommen und mehr davon erleben. Die Enttäuschung nach dem Rückspiel damals war sehr groß. So muss es auch sein. An negativen Erlebnissen kannst du wachsen. Und da hatte ich bei dem einen oder anderen schon den Eindruck, dass er für sich etwas mitgenommen hat. Die Gier, den nächsten Schritt zu machen, auch mal europäisch spielen zu dürfen.