Karl-Heinz Schnellinger
Anlässlich des Freundschaftsspiels gegen den AC Mailand am 16. Juli 2022 ist mit Karl-Heinz Schnellinger die bislang elfte FC-Legende in die HALL OF FAME der unvergessenen FC-Helden aufgenommen worden. Ein idealer Moment hierfür, denn Schnellinger hat sowohl beim FC als auch bei den Rossoneri prägende Spuren hinterlassen.
Nationalspieler trotz „zweiter Liga“
„Vom Straßenfußballer zum Weltklasseverteidiger“ – so beschrieb eine Zeitung die sportliche Karriere von Karl-Heinz Schnellinger. Tatsächlich begann alles auf den Straßen seiner Heimatstadt Düren. „Das war das Einzige was man machen konnte. Zuerst auf der Straße und dann ist eines Tages jemand auf mich zugekommen und fragte, warum ich nicht zu ihnen in den Verein kommen würde“, erinnert sich Schnellinger, der als 12-jähriger Mitglied der SG Düren 99 wurde. Schon kurze Zeit später kam es zu Berufungen in die Mittelrhein- und die Westdeutsche Auswahl. In der Juniorennationalmannschaft verstärkte Karl-Heinz Schnellinger gemeinsam mit seinem späteren Mitspieler Fritz Pott die Defensive. Obwohl zum Verteidiger ausgebildet, wollte er nie „nur“ verteidigen, sondern auch offensiv agieren und Tore erzielen.
Noch als Akteur der seinerzeit in der zweiten Liga spielenden SG Düren 99 avancierte Karl-Heinz Schnellinger zum A-Nationalspieler und debütierte als 19-jähriger in Bundestrainer Sepp Herbergers Mannschaft – gerade rechtzeitig, um bei der Weltmeisterschaft 1958 in Schweden dabei zu sein. Im Umfeld der WM knüpfte Franz Kremer als Mitglied der deutschen Delegation erste Kontakte zu dem erst 19-jährigen Nationalspieler. Alles weitere erledigte FC-Schatzmeister Richard Pelzer: „Ich hatte Angebote von Alemannia Aachen, vom 1. FC Kaiserslautern und von Rot-Weiß Essen. Richard Pelzer war bei uns zu Hause und sagte zu meinen Eltern „Ich weiß, dass schon viele bei ihnen waren und ihren Sohn haben wollen. Letztendlich müssen sie entscheiden, aber ich bin der Meinung, dass die Schuhe ihres Sohnes abends am Bett bei ihnen zu Hause stehen sollten“ – das ausschlaggebende Argument. Anfang August 1958 sicherte sich der FC endgültig Schnellingers Unterschrift. In Düren schon von internationalem Format, wurde er beim FC zu einem Weltklassespieler, der alle Facetten des modernen Defensivspiels beherrschte und regelrecht neu interpretierte. Fairer Kampf, überragende Technik und perfektes Stellungs- und Kopfballspiel gehörten ebenso zu seinen Fähigkeiten, wie außerordentliche Qualitäten im Spielaufbau. Kaum ein damaliger Spieler beherrschte das so genannte Sliding Tackling so perfekt, wie der rotblonde Dürener. Oft stritten die Experten darüber, wo dieser unfassbar gute Fußballer am besten aufgehoben war: In der Verteidigung oder als Läufer, wo er den Sturm noch besser unterstützen konnte. So wurde der beidfüßig starke 1,81-Meter-Athlet nicht nur beim FC, sondern auch in der Nationalmannschaft zur Stammkraft.
Ausgleichstor zum „Jahrhundertspiel“
Nach 1958 nahm er an drei weiteren Weltmeisterschaften teil und erzielte 1970 sein einziges Tor für die DFB-Auswahl. Eben jenes Ausgleichstor kurz vor Spielschluss im WM-Halbfinale gegen Italien ermöglichte letztlich erst dieses „Jahrhundertspiel“, das nach Verlängerung höchst dramatisch mit 4:3 für Italien endete. Fernsehkommentator Ernst Huberty kreierte nach dem Last-Minute-Ausgleich den Ausspruch „Ausgerechnet Schnellinger“, da Schnellinger zu dieser Zeit in Italien beim AC Mailand unter Vertrag steht. Die Wortwahl kann „Carlo il Biondo“ (Carlo, der Blonde), wie er in Italien genannt wird nicht völlig nachvollziehen: „Ja nun, ausgerechnet. Ich finde da zeigt einfach meinen Charakter. Das zeigt, dass ich überall, wo ich gespielt habe, das Maximum gegeben habe. Egal wer der Gegner war.“ In Köln, wo man ihm wegen seiner rotblonden Haare den Spitznamen „der Fuss“ verpasste, wohnte Schnellinger im Haus von Präsident Franz Kremer und arbeitete zusätzlich in der Geschenk- und Werbeartikelfirma des „Boss.“ Seine Zeit in Köln krönte er mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1962 und der anschließenden Wahl zu Deutschlands Fußballer des Jahres.
Rekordwechsel nach Italien
Ein Jahr später dann der spektakuläre Wechsel nach Italien: „Eines Tages kam Franz Kremer auf mich zu und sagte: ‚Die Römer wollen Dich haben. Die bieten so viel Geld, so viel kannst Du hier nie verdienen.‘ Die für damalige Verhältnisse unglaubliche Ablösesumme von 1,120 Millionen D-Mark zahlte der AS Rom für den Publikumsliebling. Der „Dürener Jung“ wurde auch in Italien zum Superstar. Zunächst vom AS Rom an den AC Mantova ausgeliehen, fand er ab 1965 beim AC Mailand sein Glück. Innerhalb von neun Jahren gewann Schnellinger mit dem Club bis auf den UEFA-Cup sämtliche Trophäen, darunter den Europapokal der Landesmeister und den Weltpokal – als erster deutscher Spieler überhaupt.
Zum Abschiedsspiel von Stanley Matthews
Wie hoch sein internationales Ansehen war, belegt die Tatsache, dass der legendäre Sir Stanley Matthews den ihn unbedingt bei seinem Abschiedsspiel dabeihaben wollte. Auch in die Europa- und Weltauswahl wurde Schnellinger berufen. 1974 kehrte er für ein kurzes Intermezzo bei Aufsteiger Tennis Borussia Berlin nach Deutschland zurück, konnte den Abstieg der „Veilchen“ aber nicht verhindern. Nach nur einem Jahr zog es ihn wieder zurück in seine Wahlheimat Mailand zurück. In Segrate, unweit der lombardischen Metropole lebt der Vater dreier Töchter gemeinsam mit seiner Ehefrau Ursula bis heute. Nach seiner aktiven Laufbahn arbeitete Karl-Heinz Schnellinger als PR-Chef für ein französisch-italienisches Lebensmittelunternehmen. Durch Magazine, das Internet und das Fernsehen hält er sich über die Bundesliga und den 1. FC Köln auf dem Laufenden. Für sein Auftreten in vielen internationalen Begegnungen, aber auch für sein Wirken in Italien erhielt Karl-Heinz Schnellinger im Mai 2016 den Ehrenpreis „Deutscher Fußball Botschafter“.
Gerne wäre Karl-Heinz Schnellinger zum Spiel seiner beiden Clubs nach Köln gereist, doch aus gesundheitlichen Gründen musste er absagen. Der 1. FC Köln wünscht gute und rasche Besserung und ist stolz, ihn als Legende in der HALL OF FAME begrüßen zu dürfen.