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Philipp Türoff „Sport wird die höchste Priorität haben“
Im zweiten Teil des großen GeißbockEcho-Interviews spricht FC-Geschäftsführer Philipp Türoff über Investitionen am und den Ausbau des Geißbockheims, er blickt auf die Selbstvermarktung und fasst seine über drei Jahre beim 1. FC Köln zusammen.
Philipp, trotz der finanziellen Sanierung wurde auch in den vergangenen Jahren am Geißbockheim in die Infrastruktur investiert. Wie notwendig waren diese Investitionen?
Philipp Türoff: Wahnsinnig wichtig, um nicht zu sagen völlig unverzichtbar. Die Aufgabe wäre viel zu einfach gedacht, wenn man sagt: Wir sind ein Sanierungsfall und es ist für gar nichts mehr Geld da. Wie soll der 1. FC Köln wieder gesund werden, wenn beispielsweise die Nachwuchsausbildung nicht vorwärtskommt und alle das Gefühl haben, hier geht nichts mehr weiter? Die Investitionen waren sowohl für die Funktionsfähigkeit des FC, aber auch psychologisch total wichtig, dass alle sehen: Dieser 1. FC Köln hat etwas vor und hier geht etwas voran. Es ist kein reiner Selbstzweck, Zahlen in Ordnung zu bringen, sondern es wird gehandelt, um in allen Bereichen wieder voranzukommen. Wir wollen angreifen und sind voller Energie.
Wie weit siehst Du die Entwicklung am Geißbockheim inzwischen fortgeschritten?
Wir sind einer der größten Fußballclubs in Deutschland und ein Leuchtturm in Sachen Nachwuchsarbeit. Um das zu festigen, ist es unabdingbar, professionelle Bedingungen zu schaffen. Hier galt es vieles aufzuholen. Finanziell sind wir nun wieder in der Lage, ein großes Infrastrukturprojekt wie das Leistungszentrum zu stemmen. Rechtlich und politisch sind wir weitergekommen, die finalen Schritte fehlen aber noch.

Wie ist denn der aktuelle Stand beim Thema Leistungszentrum?
Für den Bau des Leistungszentrums-Gebäudes sind sehr viel Voraussetzungen geschaffen. Es gab im vergangenen Jahr einen wichtigen Ratsbeschluss, wir haben durch die Erbpachtsverträge die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, dort ein Gebäude zu errichten, haben die Baugenehmigung dafür und arbeiten an einer Finanzierung. Das sind großartige Fortschritte, die viele Jahre zuvor nicht gelungen sind. Aber es gibt ein wesentliches Problem: Wenn wir auf einem Trainingsplatz ein Gebäude errichten, dieser also nicht mehr zur Verfügung steht, und gleichzeitig nicht die nötigen neuen Fußballplätze für die Spielerinnen und Spieler zur Verfügung haben, kann das nicht funktionieren. Der Bebauungsplan ermöglicht es grundsätzlich, Spielfelder auf der Gleueler Wiese zu errichten, der politische Wille zur Umsetzung des Baurechts fehlt aber bisher. Bis hier alles final geklärt ist, haben wir angeboten, vorerst auch mit Satellitenplätzen zu arbeiten. Da setzen wir hohe Erwartungen in die Lösungsfindung seitens der Stadt.
Wie frustrierend ist es, dass man in der sogenannten Sportstadt Köln bei einem solchen Thema so lange nicht vorankommt?
Ich hatte zuvor nicht an vergleichbaren Vorhaben gearbeitet, deshalb war es für mich schon sehr frustrierend und ernüchternd, das zu sehen. Das Thema ist gesellschaftlich sehr akzeptiert und Sport im Grüngürtel ist schon seit Konrad Adenauers Zeit ein wichtiger Faktor. Deshalb ist es irritierend, dass so lange nichts vorwärtsgeht. Im Gespräch mit Breitensportvereinen haben wir schnell gemerkt, dass es bei anderen Vorhaben nicht besser ist. Da kann man sich nur an den Kopf fassen, in welchem Zustand sich der Sport befindet, sodass ich abschließend sagen muss: Das Wort Sportstadt ist im Zusammenhang mit Köln alles andere als angebracht.
In welchen Szenarien wird gerade geplant und was wünscht sich der Club?
Beim Thema Gleueler Wiese gibt es einen ordentlich entwickelten und von den Gremien der Stadt in die Welt gebrachten Bebauungsplan. Der wird rechtlich noch beklagt, sodass es sich lange hinzieht. Aber hier gibt es nicht zuletzt seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig sehr positive Signale, dass das geltendes Recht ist, was uns immens weiterhelfen würde, auf Dauer an unserer Heimat zu funktionieren. Da können wir nicht klein beigeben. Die Plätze an der Gleueler Wiese sind ein wichtiger Schlüssel für die Zukunft des FC.

Wünscht Du Dir hier auch mit Blick auf die Kommunalwahl im Herbst, dass die Kölner Politikerinnen und Politiker klar Farbe bekennen zur Zukunft des FC?
Ganz klar. Wir müssen immer für unsere Interessen einstehen, Wahlkampf ist aber eine besondere Zeit, um die wichtigen Fragen zu stellen und zu schauen, welche Politiker sich wie positionieren. Einige tun das klar, andere weniger. Es kommt nun die Zeit, in der wir diese Fragen stellen werden und ich hoffe, dass es klare und verlässliche Antworten geben wird. Am Ende zählt das Ergebnis – das ist nicht nur auf dem Platz so, sondern auch in dieser Thematik. Es ist allerhöchste Zeit, ein gutes Ergebnis zu erzielen – für uns, für Köln und für den gesamten Breitensport.
Aktuell läuft der Umbau des Geißbockheim-Restaurants, das der Club Anfang des Jahres übernommen hat. Es ist feststellbar, dass der FC viele Bereiche wieder in die eigene Hand nimmt. Das Catering im Stadion und die zukünftige Vermarktung sind weitere Beispiele. Welche Vorteile bringen diese Schritte?
Das muss man im Einzelfall immer genau abwägen. Man kann nicht pauschal sagen, dass es immer klug ist, alles selbst zu machen. Da hilft der Blick in die Kostenstruktur und eine Bewertung des Wachstumspotenzials, um zu beurteilen, ob man es selbst besser machen könnte und ob wir am Ende besser dastehen. Wenn wir zu diesem Ergebnis kommen, greifen wir ein und nehmen uns das vor.
Gleichzeitig wird der „Apparat FC“ dadurch stetig größer. Wie herausfordernd ist es in dieser Größe, als Club in eine gemeinsame Richtung zu gehen?
Das ist alles machbar, wenn man die organisatorischen Voraussetzungen dafür schafft. In meiner beruflichen Laufbahn ist auch ein FC in dieser Größe verglichen mit anderen Unternehmen eher klein, insofern bereitet es mir überhaupt keine Angst. Man muss sich immer überlegen: Welche Komplexität holt man sich rein und wie beherrscht man diese. Wir übernehmen Geschäftsfelder, die sehr nah am Kern des 1. FC Köln sind, für ein Fußballerlebnis zu sorgen und Gastgeber zu sein. Deshalb trauen wir uns auch zu, das selbst gut zu machen.
Markus Rejek hat sich Anfang des Jahres aus der Geschäftsführung verabschiedet. Wie wurden die Bereiche in der Vermarktung zwischenzeitlich abgedeckt?
Der Geschäftsbereich von Markus Rejek mit seinen Berichtslinien waren bis zur Übergabe an Philipp Liesenfeld als neuen Geschäftsführer bei mir angegliedert. Hier geht es aber nicht nur um die Besetzung der Geschäftsführung. Wir haben eine funktionierende Organisation mit vielen Mitarbeitenden und Führungskräfte, die einspringen und den Laden am Laufen halten.
Auch in der Übergangszeit wurden wichtige Vertragsgespräche mit Partnern geführt…
Wichtige Partnerverträge sind absolutes Kerngeschäft von uns und haben stets allerhöchste Priorität. Da bringe ich mich voll ein und mache mich im Zweifel auch eher frei von anderen Dingen. Die Partnerverträge sind für den 1. FC Köln absolute Schlüsselthemen, da darf nichts runterfallen.
Kannst Du hier bestätigen, dass Verträge auch in sportlich schwierigen Zeiten – zum Beispiel der von Dir bereits angesprochene Pachtvertrag fürs Stadion – sogar besser ausfallen für den FC?
Wir sind ohnehin stets in einem guten Austausch mit den Partnern. Eine der ganz großen Stärken des 1. FC Köln ist nicht nur die Treue der Fans, sondern auch die Treue der Partner. Partnerschaft ist ein Wort, das sich auch dann bewähren muss, wenn die Zeiten einmal nicht so einfach sind. Da wird intensiv und auf Augenhöhe verhandelt und wir kommen zu sehr guten Ergebnissen. Wir haben starke Partner, die wissen, was sie mit uns zusammen erreichen wollen, wir gehen einen gemeinsamen Weg.
Wir haben bereits über die finanzielle Sanierung gesprochen und darüber, dass der FC wieder handlungsfähig ist. Der Sport hat in der Phase der Sanierung gelitten. Wird das zur Verfügung stehende Geld nun vor allem in den Sport investiert?
Der Sport wird die höchste Priorität haben bei den Handlungsspielräumen, die wir haben. Es gibt Handlungsbedarf, uns für Liga eins fit zu machen. Es ist aber nicht damit getan, einfach mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Es müssen auch die richtigen Schritte gegangen werden. Wir müssen Möglichkeiten finden, unsere Qualität nachhaltig zu steigern, dafür werden wir die nötigen Mittel bereitstellen.
Ein positives Thema abseits des Sports: Der FC hat kürzlich die 150.000-Mitglieder-Marke geknackt. Wie schön, aber auch wie herausfordernd ist es, in einem mitgliederzentrierten Club zu arbeiten?
150.000 Mitglieder sind eine fantastische Entwicklung. Das zeigt, was für einen unglaublichen Rückhalt der 1. FC Köln hat. Es ist eine wunderbare Energiequelle, die in ganz viele Bereiche des 1. FC Köln abstrahlt, und hat sehr viele positive Aspekte. Dadurch gibt es aber natürlich auch satzungsgemäß Gremien und Wahlen, die auch eine Rolle spielen. Das muss man dann sportlich nehmen. Es gibt viele Menschen im Umfeld und viele Meinungen, die eingebracht werden. Wenn wir das positiv bündeln, dann ist es eine Superpower. Wenn wir uns verzetteln oder mit den falschen Themen beschäftigen, hat es das Potenzial, anstrengend für den Club zu sein. Da müssen wir alle gemeinsam gut darauf aufpassen. Alle Mitarbeitenden, die Gremien und alle 150.000, die über die Mitgliedschaft die Möglichkeit zur Einflussnahme haben. Das ist eine große Verantwortung .
Im Herbst findet die diesjährige Mitgliederversammlung statt, in der wichtige Weichen für die Zukunft des FC gestellt und neue Vorstände gewählt werden. Was wünscht Du Dir für die Mitgliederversammlung?
Ich wünsche mir, dass die sachlichen Themen, die für die Entwicklung des FC essenziell sind, die entscheidende Rolle spielen bei der Wahl und bei den Kandidaten, die antreten, sodass sich Dinge weiterentwickeln können. Aus meiner Sicht hat der 1. FC Köln wichtige Aufgaben vor der Brust. Dafür brauchen wir eine inzwischen große und wachsende wirtschaftliche Geschäftstätigkeit. Für die brauchen wir die nötigen Freiräume, Ruhe und Kontinuität und die richtigen Prioritäten. Der 1. FC Köln ist eine demokratische Organisation. Da kann ich nur sagen: Möge der Bessere gewinnen, es soll aber auch der bessere sein. Und besser bedeutet, dem FC und seiner Zukunft bestmöglich zu dienen.
Um es möglichst vielen Mitgliedern zu ermöglichen teilzunehmen, wird die Mitgliederversammlung in diesem Jahr an einem Wochenende stattfinden.
Ich betrachte es als unsere Pflicht, die Dinge so zu organisieren, dass möglichst viele Mitglieder von ihrem Recht Gebrauch machen können. Wir sind ein mitgliederzentrierter Verein, das spielt für uns eine große Rolle. Ich kann an jeden nur appellieren: Nehmt diese Verantwortung wahr.

Du bist nun seit über drei Jahren als Geschäftsführer beim FC tätig. Mit welchen drei Worten würdest Du diesen Zeitraum zusammenfassen?
Geil krasser Höllenritt (lacht).
Was hast Du in dieser Zeit über den 1. FC Köln gelernt?
Vieles über den FC, vieles über die Stadt und die Stadtgesellschaft. Vieles aber auch über den Fußball und seine Herausforderungen. Ich musste schon ein paar Dinge lernen, wie das Fußballgeschäft funktioniert. Ich habe gelernt, dass es auch mit dem medialen Druck, der sich entfaltet, eine wirklich herausfordernde Aufgabe ist, Dinge zu organisieren. Es gibt dieses emotionale Auf und Ab, aber eben auch Aufgaben, die Kontinuität und Sachlichkeit brauchen und mit Vernunft und unaufgeregt entschieden werden müssen. Das alles unter dem Dach eines solchen Clubs zu organisieren, ist keine einfache Aufgabe, für die man oft einen sehr kühlen Kopf, Beharrlichkeit und auch die nötige Erfahrung braucht. Dann kann es gelingen und dann gibt es auch kaum etwas Faszinierenderes, als in dieser Mischung erfolgreich zu sein.
Wenn Du drei Jahre in die Zukunft blickst: Wo siehst Du den FC in drei Jahren, auf und neben dem Platz?
In drei Jahren sind wir etabliert in der Bundesliga, weiterhin finanziell gesund und haben Möglichkeiten, in vielen Bereichen ein starker und ambitionierter Herausforderer zu sein, um weitere Ziele zu erreichen. Wenn uns das gelingt, sind wir ein super attraktiver Club im deutschen Fußball und können wahnsinnig viel Begeisterung wecken.
Den ersten Teil des Interviews lest Ihr hier.
Das Interview mit Philipp Türoff ist zunächst im GeißbockEcho (Ausgabe 4, Saison 2024/25) erschienen. Die ganze Ausgabe gibt es gedruckt und hier im geschlossenen Mitgliederbereich. Noch kein Mitglied? Hier gibt's alle Infos zur Mitgliedschaft.